Leserfragen an Gesine Schwan:Wie kommt man als Frau zu Macht, ohne als Zicke abgestempelt zu werden?

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Gesine Schwan plädiert für ein partnerschaftliches Familienmodell, das Männern und Frauen erlaubt, sich sowohl im Beruf als auch in der Familie zu engagieren. Hier beantwortet sie Fragen unserer Leser. (Foto: HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform)

SPD-Politikerin Gesine Schwan unterscheidet weibliche von männlicher Macht und hält Angela Merkel für kein gutes Vorbild. Hier beantwortet sie Fragen unserer Leser.

Warum wird Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, immer wieder vorgeworfen, sie seien hysterisch? Ist Angela Merkel ein gutes Vorbild für junge Frauen? Welche Bedeutung hätte Hillary Clinton als weibliche US-Präsidentin? Diese Fragen haben wir der Politikwissenschaftlerin und SPD-Politikerin Gesine Schwan in unserem Interview gestellt.

Sie erklärt, wie sie zum Feminismus steht und warum weibliche Macht ihrer Meinung nach anders funktioniert als männliche. Schwan plädiert für ein partnerschaftliches Familienmodell, das Männern und Frauen erlaubt, sich sowohl im Beruf als auch in der Familie zu engagieren. ( Das gesamte Interview lesen Sie hier.)

Im Anschluss an das Gespräch haben wir unsere Leser dazu aufgerufen, nachzuhaken und Gesine Schwan selbst ihre Fragen zu stellen. Ihre Antworten auf ausgewählte Leserfragen:

Leserfrage: Frauen wird oft vorgeworfen, zickig zu sein, wenn sie im Beruf machtbewusst auftreten. Wie kommt man als Frau zu Macht, ohne als Zicke abgestempelt zu werden?

Man kann Zickengerede gegen Frauen in der Öffentlichkeit nicht immer vermeiden. Aber man kann es ignorieren oder humorvoll darauf reagieren. Das wirkt am besten. Humor hilft überhaupt sehr, wenn es um Geschlechterrollen geht.

Leserfrage: Wie wichtig finden Sie "gegenderte" Ausdrücke, die auf beide Geschlechter Rücksicht nehmen? Helfen Formulierungen wie "ProfessorInnen" tatsächlich dabei, Denkmuster in unseren Köpfen zu durchbrechen?

Ich habe früher auf gegenderte Formulierungen keinen Wert gelegt. Heute glaube ich aber, dass das wichtiger ist, als ich damals annahm. Allerdings sind solche Formulierungen oft umständlich, ich halte mich deshalb nicht immer daran, sondern mache stattdessen am Beginn eines Textes eine Bemerkung dazu.

Leserfrage: Halten Sie Führungspositionen in Teilzeit für eine geeignete Möglichkeit, um einem partnerschaftlichen Familienmodell entgegenzukommen?

Damit auch Mitarbeiter in Führungspositionen das Modell der "partnerschaftlichen Familie" leben können, haben Unternehmen Halbtagsregelungen für Führungspositionen eingerichtet und ausprobiert. Es gibt sie also schon. Von ihnen kann man lernen. Die Bundesagentur für Arbeit informiert darüber.

Leserfrage: Widerspricht die Forderung nach mehr Krippenplätzen nicht gerade Ihrer Forderung, dass die Emanzipation nicht zu Lasten der Familie gehen soll? Das unterstützt doch gerade den Weg, dass die Frau sich einfach dem bestehenden karrierefixierten Lebensplan anpassen soll. Müsste es nicht vielmehr dem Mann erleichtert werden, sich am Familienleben zu beteiligen?

Es muss den Männern erleichtert werden, sich an den Familienaufgaben ebenso zu beteiligen wie den Frauen. Für beide sollte deshalb eine Normalarbeitszeit von 80 Prozent ihres bisherigen Normalarbeitstages ermöglicht werden. In Skandinavien geht das heute schon. Eltern, die es sich finanziell leisten können, praktizieren das bereits.

Aber natürlich können sich das nicht alle Familien leisten, deshalb hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgerechnet, was es kosten würde, wenn der Staat für den Verdienstausfall aufkommen würde: Die Kosten halten sich in Grenzen. Und sie sind gerechtfertigt, weil funktionierende Familien ein öffentliches Gut sind und gerade bei Bildung und Gesundheit positive Effekte für die Gesellschaft erzielen.

Leserfrage: Wie könnte unsere Gesellschaft einen Ausgleich schaffen für all jene Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder nicht mehr in den Beruf zurückgekehrt sind und die nach einer Trennung weder Berufserfahrung noch Anspruch auf Unterhalt haben? Was raten Sie Frauen, die ihre Karriere zugunsten ihrer Familie aufgegeben haben?

Mütter, die lange aus ihrem Beruf ausgeschieden sind, haben es besonders schwer. Ihnen bleibt oft nichts anderes übrig, als sich trotz Scheu vor dem Neuanfang in einen Beruf zu wagen. Dafür hilft manchmal ein Coaching, weil die faktischen Hürden oft niedriger sind, als die Frauen befürchten. Helfen kann auch, sich mit Personen, die in ähnlicher Lage sind, auszutauschen oder auch mit dauerhaft berufstätigen Frauen. Mütter haben in der Familie viel mehr Kompetenzen erworben, als ihnen meistens bewusst ist.

(Redaktion: Karin Janker)

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