Landwirtschaft:Sticheleien unter Ministern

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Barbara Hendricks legt sich mit dem Chef des Landwirtschaftsressorts an. Es geht um die Verteilung von Agrarsubventionen. Die Umweltministerin würde gern mehr Landwirte fördern, die etwas für die Umwelt tun.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Am Ende steht noch ein Gruppenfoto an, die Umweltministerin mit den Bauern- und Umweltverbänden. "Am besten stellen wir uns hinter die Ministerin", ruft einer aus der Verbändeecke. Schließlich geht es genau um dieses Bild: In Sachen Agrarpolitik soll Barbara Hendricks (SPD) nicht alleine dastehen, sondern gewissermaßen an der Front eines Bündnisses aus bäuerlicher Landwirtschaft, Ökobauern und Tierschützern. Fotografen und Kameraleute halten drauf.

Es ist ein kleiner Schachzug im Ringen um die künftige Agrarpolitik. Denn die insgesamt 30 Verbände haben gemeinsam ein Positionspapier erstellt, es heißt: "Für eine gesellschaftlich unterstützte Agrarpolitik". Ohne derlei Unterstützung, so heißt es in dem Papier, habe "ein Wirtschaftszweig keine Perspektive". Dazu aber müsse sich die Politik stärker an Umwelt- und Tierschutz ausrichten. "In der Landwirtschaft haben wir nicht nur die grünen, sondern auch die ersten roten Grenzen überschritten", sagt Kai Neibert, Chef des Deutschen Naturschutzrings. "Schuld sind aber nicht die Bäuerinnen und Bauern, sondern die Landwirtschaftspolitik."

Nicht von ungefähr trifft diese Kritik vor allem den Minister im Agrarressort, Christian Schmidt. Seit Monaten liegt Hendricks mit dem Kollegen von der CSU im Clinch, zuletzt etwa wegen einer Kampagne mit elf Bauernregeln ("Steh'n im Stall zu viele Kühe, macht die Gülle mächtig Mühe"), veröffentlicht passend zur Agrarschau Grüne Woche. Schmidt betrachtete das als Verunglimpfung des deutschen Bauernstands und ließ sich entsprechend ein. Mittlerweile verbindet die beiden Minister eine herzliche Abneigung.

Das Positionspapier wird diese Gräben kaum überbrücken, Hendricks kommt es gerade recht. "Wir müssen aufpassen, dass eine fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft nicht auf alle Regionen ausgebreitet wird", warnt sie. Das könne auch Bayern und Baden-Württemberg drohen, wo die Betriebe derzeit noch vergleichsweise klein sind - sofern sich die Landwirtschaftspolitik nicht ändert. Und dann: "Die Frage ist, wann die Erkenntnis im Landwirtschaftsministerium ankommt."

Die Europäer beraten gerade über die Verteilung von 6,2 Milliarden Euro jährlich

Doch hinter derlei Sticheleien steht Handfestes, nämlich Geld. Die Europäer beraten gerade über die künftige Verteilung der Agrarsubventionen, nach bisherigen Planungen soll sie von 2020 an gelten. Derzeit sind das in Deutschland jährlich 6,3 Milliarden Euro. Verteilt werden diese Mittel zum großen Teil über die landwirtschaftlich genutzte Fläche. Damit werden Betriebe, die Nahrung in großen Mengen produzieren, tendenziell begünstigt, also auch jene intensiven Betriebe, die Hendricks gerne zurückdrängen würde.

Dieser Effekt ließe sich lindern, wenn mehr Geld nicht mehr als Direktzahlung an die Landwirte fließen würde, sondern an konkrete Leistungen für die Umwelt geknüpft würde. Dafür ließen sich mehr Agrarsubventionen umschichten, nach Vorstellung der EU-Kommission bis zu 15 Prozent. Bauern könnten so zusätzliche Mittel erhalten, wenn sie sich in ihren Betrieben um Tier- oder Naturschutz bemühen. Bislang werden schon 4,5 Prozent der Mittel auf diese Weise umgeschichtet, das Landwirtschaftsministerium würde es dabei auch gerne belassen - aus Rücksicht auf Landwirte, die durch eine Umschichtung künftig weniger gefördert würden als bisher. Zuletzt hatte der Bundesrat verlangt, den Satz auf sechs Prozent anzuheben. Hendricks würde ihn sogar noch weiter anheben wollen. Zu laut dürfe sie das aber nicht sagen, räumt sie ein. "Sonst kommt gleich wieder einer und sagt: Sie sind ja gar nicht die Landwirtschaftsministerin!"

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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