Landtag:Schuster will mehr „Beinfreiheit“ für Kommunen

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Armin Schuster, Innenminister von Sachsen. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa/Archivbild)

Was brauchen sächsische Kommunen am meisten? Die Antwort dürfte einhellig ausfallen: mehr Geld. Doch wollen die Städte und Gemeinden auch „weniger Staat“. Darüber hat nun der Landtag debattiert.

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Dresden (dpa/sn) - Mehr Selbstverwaltung durch weniger Regulierung: Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hat mehr Befugnisse für die Kommunen und weniger Bürokratie angemahnt. „Wir vertrauen in Entscheidungskompetenz vor Ort und geben Verantwortung dahin, wo sie hingehört“, sagte er am Mittwoch im Landtag. Man müsse der Überregulierung und einer diktierenden Politik „von oben nach unten“ etwas entgegensetzen. Auch die Kommunen brauchten mehr „Beinfreiheit“. 

Alle Welt jammere über zu viel Bürokratie, erklärte Schuster. Der Standort Deutschland werde immer weniger attraktiv. Die Kommunen seien durch zu viele EU-, Bundes- und auch landesrechtliche Vorgaben überlastet: „Sie können immer weniger gestalten.“ Sächsische Kommunalpolitik seit stets von dem Gedanken geleitet: „Vor Ort weiß man meist am besten, was es vor Ort braucht.“

Schuster zufolge muss sich der Freistaat im Umgang mit den Kommunen künftig stärker auf zentrale Aspekte der Daseinsfürsorge konzentrieren. Erste Beispiele gebe es bereits, etwa bei der Förderung des kommunalen Straßenbaus und beim Finanzausgleichsgesetz. Kommunen sollten auf Antrag von landesrechtlichen Vorgaben und Verfahrensregelungen befristet abweichen können.  

Der Minister sprach sich für eine strikte Durchsetzung des sogenannten Konnexitätsprinzips aus. „Überträgt der Freistaat den Gemeinden eine Aufgabe, muss er die damit verbundenen Mehrausgaben ausgleichen.“ Ein solches System des Ausgleichs sei auch zwischen Bund und Ländern nötig. „Denn auch hier gilt: Wer Aufgaben delegiert, muss dafür aufkommen“. Sachsen sollte fortan im Bundesrat keinen Gesetzen mehr zustimmen, wenn damit Bürger, Wirtschaft und Kommunen übermäßig belastet und eingeschränkt werden.

Die Koalitionspartner Grüne und SPD sahen Schusters Äußerungen auch kritisch. Es sei ein Fehler, einen Gegensatz zwischen Staat und Kommunen herzustellen, sagte etwa SPD-Fraktionschef Dirk Panter. Das führe zu einer Haltung, die nicht gut sei für das Land. Freistaat und die Kommunen seien nicht zwei verschiedene Paar Schuhe, sondern zwei Seiten einer Medaille.  „Die sächsischen Kommunen sind Teil des Freistaates, nicht sein Gegenüber. Man kann den Freistaat nicht ohne Kommunen denken. Dafür braucht es weder mehr noch weniger Staat. Es braucht einen guten Staat.“ 

Valentin Lippmann (Grüne) räumte ein, dass man bei diesem Thema als Koalition mehr versprochen als geliefert habe. „Weder die Kommunen noch wir als Freistaat sollten ein Interesse an weniger Staat für die Kommunen haben. Es wäre ein Schuss ins Knie für die Kommunen und eine massive Hypothek für die gleichmäßige Erfüllung all jener Aufgaben im Freistaat, bei denen die Bürgerinnen und Bürger zurecht nicht danach fragen, wer dafür zuständig ist.“

AfD-Fraktionschef Jörg Urban sah die Kommunen am Gängelband. 80 bis 90 Prozent der Aufgaben seien von „oben diktierte Pflichtaufgaben“. Statt alle Angelegenheiten selbst in Eigenverantwortung zu regeln, seien die Kommunen zu „Erfüllungsgehilfen“ degradiert. Man habe den Kommunen eine Zwangsjacke angelegt. Damit müsse endlich Schluss sein. Die Kommunen hätten kaum Gestaltungsspielraum, ihnen fehle schlichtweg das Geld. Sie bräuchten einen viel höheren Anteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer. Dafür könnte man sich andere Steuern auf kommunaler Ebene sparen. 

„Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit ist Innenminister Armin Schuster endlich aufgefallen, dass er für die Kommunen zuständig ist. Seine wohlfeilen Worte ändern aber nichts daran, dass von deren Selbstverwaltung im Freistaat kaum die Rede sein kann“, betonte Linke-Politiker Mirko Schultze. Die CDU-geführten Koalitionen im Freistaat hätten den Landeshaushalt stets auf Kosten der kommunalen Kassen saniert, was die kommunalen Spitzenverbände zwar selten, aber stets zu Recht kritisieren. 

© dpa-infocom, dpa:240319-99-394230/4

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