Der Mann, der sich Ryan Davis nannte, trieb ein seltsames Spiel. Er bewegte sich in Neonazi-Kreisen, und Anfang des Jahrtausends baute er von Schwäbisch-Hall aus einen deutschen Ableger des Ku-Klux-Klans auf.
Jahrelang lieferte er aber auch dem baden-württembergischen Verfassungsschutz Informationen und bekam für den Verrat Geld. Denn er war ein V-Mann. Bisher war dies nur ein Gerücht, jetzt hat die Süddeutsche Zeitung dafür die Bestätigung in vertraulichen Geheimdienst-Akten gefunden. Die Geschichte zeigt, wie leicht V-Leute aus dem Ruder laufen können - und dass sie selbst dann noch beim Staat kassieren.
In den USA ließ er sich zum Klanführer ausbilden
Ryan Davis ist den Unterlagen zufolge bereits 1994 von der Behörde angesprochen worden. Er hatte mal einen Parteitag der NPD besucht und sich als Musiker in einer Skinhead-Band versucht. Diese Szene sollte er für den Verfassungsschutz ausforschen. Zunächst erhielt er den Status eines Informanten, schon bald wurde er förmlich als V-Mann verpflichtet.
Dann allerdings kam Davis - angeblich ohne Wissen und Zutun der Behörde - auf die Idee, eine Gruppe des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan zu gründen. Im US-Bundesstaat Mississippi ließ er sich zum "Grand Dragon", zum Klanführer für Deutschland, ernennen.
In einem Internet-Chat hatte er Kontakt zu einem anderen Neonazi, der nun ausgerechnet ebenfalls V-Mann war, Deckname "Corelli". Corelli stand in den Diensten des Bundesamts für Verfassungsschutz, und möglicherweise staunten die Beamten in Stuttgart nicht schlecht, als sie über diesen Umweg erfuhren, was ihr eigener Mann, den sie offenbar nicht im Griff hatten, gerade so trieb.
Von seinem V-Mann-Führer soll Ryan Davis mit der Klan-Geschichte konfrontiert worden sein. Davis habe die Aktivitäten abgestritten. Im November 2000 beendete daraufhin der Verfassungsschutz seine Zusammenarbeit mit ihm. Ryan Davis trieb weiter sein Unwesen als Anführer im Ku-Klux-Klan; unter den Augen seines V-Mann-Kollegen Corelli, der den Behörden darüber weiter fleißig berichtete - auch, dass mehrere Polizisten die Nähe zu dem Geheimbund suchten und an dessen Zeremonien teilnahmen.
Schließlich witterte Ryan Davis einen Verräter in seinen Reihen; und weil auch noch private Probleme dazukamen, schied er 2003 aus der Klan-Gruppe aus und überließ anderen das Feld.
Wieder hält er die Hand für Informationen auf
Exklusiv Rassistischer Geheimbund:Radikale Beamte beim Ku-Klux-Klan
Gezielte Werbung bei der Polizei, sechs Beamte mit Interesse am Ku-Klux-Klan: Berichte eines Spitzels offenbaren, dass die Kontakte baden-württembergischer Polizisten zu dem Geheimbund weiter reichten als bisher bekannt. Anderen im Klan waren die Polizisten angeblich sogar zu radikal.
Mit dem Verfassungsschutz kam er jetzt doch noch einmal ins Geschäft: In zwei Abschöpfungsgesprächen, für die er wieder die Hand aufhielt, erzählte er den Beamten, was er wusste - über jene Klan-Gruppe, die er einst selbst gegründet hatte. Wie hoch der Betrag war, den er dafür erhielt, erfuhr die SZ zunächst nicht.
Davis berichtete den Beamten, dass sich der Klan einmal in einer Berghütte getroffen habe. Die Räume dort seien mit Fahnen und einer Hitler-Büste "geschmückt" worden. Der ehemalige Spitzel machte laut Behördenvermerk außerdem Angaben über die Polizisten, die dem Geheimbund angehörten. Glaubt man ihm, gab es bei der Polizei genügend Kandidaten für eine Mitgliedschaft im Klub der Rassisten. Allein in Stuttgart soll es eine Gruppe von zehn bis zwanzig Polizisten gegeben haben, "deren verbindendes Element ein klar rechtsextremistisches Weltbild war".