Kroatien:Cheerleaderin droht Stichwahl

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"Weil sie Kroatien kennt", so der Wahlkampfslogan, will Kolinda Grabar-Kitarović weiter Präsidentin bleiben. Für ihre Wiederwahl warb sie noch am Donnerstag in der Hauptstadt Zagreb. (Foto: Darko Bandic/AP)

Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović muss um eine weitere Amtszeit bangen. Bei der Wahl am Sonntag tritt sie gegen einen sozialdemokratischen Ex-Premier und einen Sänger an.

Von Peter Münch, Wien

Die Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarović muss bei der kroatischen Präsidentenwahl am Sonntag um ihre Wiederwahl bangen. Nach einem Wahlkampf mit einigen Patzern liegt die ursprüngliche Favoritin aus der konservativen Regierungspartei HDZ in den Umfragen gleichauf mit zwei anderen Bewerbern: dem sozialdemokratischen Ex-Regierungschef Zoran Milanović und dem rechts außen positionierten populären Sänger Miroslav Škoro. Aller Voraussicht nach wird es am 5. Januar eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit dem besten Ergebnis geben.

Insgesamt elf Kandidaten bewerben sich um das weitgehend zeremonielle höchste Amt im Staat - und nicht jeder meint es ganz ernst. Der Filmemacher Dario Juričan zum Beispiel tritt mit dem einzigen Programmpunkt an, die "Korruption für alle zugänglich zu machen". Als bitterer Protest ist dies gedacht gegen die politische Kultur in Kroatien, das zu Jahresbeginn 2020 zum ersten Mal die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernehmen wird.

Der Wahlkampf wird auch von nationalistischen Tönen geprägt

Die amtierende Präsidentin Grabar-Kitarović hatte im Ausland viel Popularität gewonnen als oberste Cheerleaderin ihres Landes auf den Tribünen der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Zu Hause allerdings verwirrte sie manche Landsleute nun unter anderem mit einem realitätsfernen Versprechen zum Stopp der dramatischen Abwanderungswelle: Junge Kroaten, so kündigte sie an, könnten auch in der Heimat 8000 Euro monatlich verdienen. Ansonsten setzte sie in dem wie üblich sehr vergangenheitsfixierten Wahlkampf auf nationalistische Töne. Sie sei zwar im Krieg 1991 bis 1995 keine Soldatin gewesen, wisse aber "ein Gewehr in der Hand zu halten".

Auf diesem Feld allerdings weiß ihr Gegenkandidat Škoro, der als Unabhängiger von einer Reihe rechter Parteien unterstützt wird, mit noch radikaleren Parolen zu punkten. "Der Krieg ist noch nicht zu Ende", hat er unter anderem wissen lassen. Profitieren könnte vom Kampf im rechten Lager, zumindest für den Einzug in die Stichwahl, der Sozialdemokrat Milanović.

© SZ vom 21.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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