Kriminalität:Zeichen der "Verrohung"

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Innenminister Thomas de Maizière warnt bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik vor zunehmender Gewalt.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Die Anzahl der Gewaltdelikte in Deutschland nimmt zu. Wie aus der Kriminalstatistik 2016 hervorgeht, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag in Berlin vorstellte, hat die Polizei im vergangenen Jahr 193 542 Fälle von Gewaltkriminalität registriert, ein Anstieg um 6,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Letztmals höher war die Zahl im Jahr 2012. 2016 gab es insbesondere mehr Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung. De Maizière kritisierte, dies seien Anzeichen der "Verrohung unserer Gesellschaft" und sagte, die Zahlen "müssen uns allen Sorgen bereiten".

Die Statistik weist jedoch auch auf positive Entwicklungen hin. So ist die Zahl der Wohnungseinbrüche, die im Jahr 2015 noch deutlich zugenommen hatte, um 9,5 Prozent gesunken. Die Gesamtzahl aller Straftaten stieg 2016 nur minimal von 6,33 Millionen auf 6,37 Millionen. Und das trotz einer deutlich höheren Bevölkerungszahl, wie de Maizière betonte.

Bereits vor der Veröffentlichung war über den hohen Anteil von Asylbewerbern an den Straftaten berichtet worden. So registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 174 438 tatverdächtige Zuwanderer - also Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge, Geduldete oder Menschen, die sich unerlaubt in Deutschland aufhalten. Dies bedeutet einen Anstieg von 52,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ausländerrechtliche Verstöße wurden bei der Betrachtung nicht berücksichtigt. De Maizière sagte deshalb, es gebe an den Zahlen nichts zu beschönigen oder zu entschuldigen.

Er wies jedoch darauf hin, dass es sich bei den Tatverdächtigen oft um junge Männer handele - auch bei jungen deutschen Männern ist eine deutlich höhere Kriminalitätsrate festzustellen. Zudem seien beengte Wohnsituationen in Sammelunterkünften eine Erklärung. Sachsens Innenminister Markus Ulbig sagte, er erwarte 2017 aufgrund des Umzugs vieler Flüchtlinge in dezentrale Unterkünfte einen Rückgang der Gewalt in Unterkünften. Pauschale Verurteilungen von Flüchtlingen hält de Maizière für unzulässig: "Die wirklich Schutzbedürftigen", etwa Syrer, seien unter den Tatverdächtigen unterrepräsentiert.

Als "eine Art Seismograf" der Stimmung in der Gesellschaft bezeichnete de Maizière die Anzahl politisch motivierter Straftaten. Jene von Ausländern sind um 66,5 Prozent gestiegen, auf 3 372. Deutlich häufiger waren rechte Straftaten: 23 555 - 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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