Kriegsverbrechen in Bangladesch:Gericht verurteilt Islamistenführer zu 90 Jahren Haft

Lesezeit: 1 min

Der 90-jährige Ghulam Azam (Mitte) wurde von einem Sondergericht in Dhaka wegen Kriegsverbrechen verurteilt. (Foto: Munir Uz Zaman/AFP)

In einem blutigen Krieg spaltete sich Bangladesch 1971 von Pakistan ab. Ein Sondergericht beschäftigt sich mit der Aufarbeitung mutmaßlicher Verbrechen während des Konflikts und verurteilt nun den Islamisten Ghulam Azam zu einer langjährigen Haftstrafe. Dessen Anhänger zweifeln das Urteil an.

Im Prozess um die Aufarbeitung mutmaßlicher Verbrechen während des Unabhängigkeitskrieges in Bangladesch ist ein ranghohes Mitglied der islamistischen Partei zu 90 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ghulam Azam wurde von dem sogenannten Internationalen Strafgericht für Bangladesch (ICT) in fünf Punkten schuldig gesprochen, unter anderem wegen Mordes und Folter.

Der 90-jährige Azam war von 1969 bis 2000 Anführer der fundamentalistischen Partei Jamaat-e-Islami, die während des Krieges für den Verbleib bei Pakistan kämpfte. Ihm waren insgesamt 61 Taten zur Last gelegt worden.

Das ICT-Tribunal wurde vor drei Jahren gegründet, seine Aufgabe ist die Aufarbeitung von Gräueltaten während des Krieges 1971 gegen Pakistan. Das Internationale Strafgericht für Bangladesch steht nicht unter internationaler Kontrolle und genügt Menschenrechtsorganisationen zufolge internationalen Standards nicht.

Das heutige Bangladesch war nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft 1947 zunächst ein Teil Pakistans geworden. 1971 erkämpfte es sich in einem neun Monate dauernden blutigen Krieg mit indischer Unterstützung die Unabhängigkeit von Pakistan. Schätzungsweise drei Millionen Zivilisten wurden von pakistanischen Kräften und ihren Kollaborateuren ermordet, etwa 200.000 Frauen vergewaltigt.

Azams Anhänger fordern seine Freilassung

Die Jamaat-e-Islami-Partei rief am Montag zu einem Streik auf. Sie forderte die Freilassung Azams und anderer wegen Kriegsverbrechen angeklagter Parteiführer und sagte, die Prozesse seien politisch motiviert.

Bereits vor der Urteilsverkündung waren in mehreren Städten des Landes Anhänger Azams auf die Straßen gegangen. Seine Unterstützer werfen dem Gericht vor, die Vorwürfe nicht ausreichend beweisen zu können. Informationen der britischen BBC zufolge lehnt auch Azam das Urteil ab.

Nach Angaben der Polizei kam es in der Hauptstadt Dhaka zu Zusammenstößen mit der Polizei. Demnach schleuderten mehrere Protestierende Brandsätze auf Beamte, die ihrerseits Gummigeschosse abfeuerten. Etwa zehn Menschen wurden verletzt, darunter auch Journalisten, die zwischen die Fronten gerieten.

© Süddeutsche.de/AFP/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: