Krieg in der Ukraine:Mariupol fällt, Solidarität wächst

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Polens Präsident Duda betont die Selbstbestimmung der Ukraine mit einer emotionalen Rede in Kiew. Beim Wirtschaftsforum in Davos soll ein "Marschallplan" für das zerrüttete Land ins Leben gerufen werden.

Von Caspar Busse und Patrick Illinger

Nach dem Fall der Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine pocht Präsident Wolodimir Selenskij auf weitere Strafmaßnahmen des Westens gegen Russland. Das sechste Sanktionspaket der europäischen Staaten müsse beschleunigt werden, sagte das ukrainische Staatsoberhaupt in einer Videobotschaft. Am Sonntag verlängerte die Ukraine zudem das seit Ende Februar geltende Kriegsrecht um weitere 90 Tage. Das Parlament in Kiew stimmte angesichts des russischen Angriffskriegs auch für eine Verlängerung der Generalmobilmachung bis zum 23. August.

Unterstützung für die Ukraine signalisierte am Sonntag Polens Präsident Andrzej Duda. Er strich bei der seit Kriegsbeginn ersten Rede eines ausländischen Staatschefs im ukrainischen Parlament das Recht des Landes auf Selbstbestimmung heraus. "Es sind besorgniserregende Stimmen laut geworden, mit denen die Ukraine aufgefordert wird, Putins Forderungen nachzugeben", so Duda. "Nur die Ukraine hat das Recht, über ihre Zukunft zu bestimmen." Selenskij sagte anschließend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, dass an der Front im Osten des Landes täglich 50 bis 100 Ukrainer sterben.

Das ukrainische Militär berichtete in der Nacht zum Sonntag von andauernden Kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten des Landes. Dort seien am Samstag neun Angriffe russischer Truppen abgewehrt und mehrere Panzer zerstört worden. Im Süden des Landes habe das russische Militär die Luftaufklärung verstärkt, hieß es. Zudem seien Kolonnen von Militärfahrzeugen gesichtet worden. Saporischschja liegt nordwestlich der inzwischen von Russland eingenommenen ukrainischen Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer.

Der prominente russische Außenpolitiker Leonid Sluzki schloss einen Austausch von in Mariupol gefangen genommenen ukrainischen Kämpfern gegen den prorussischen Politiker Wiktor Medwedtschuk nicht aus. "Wir werden die Möglichkeit eines Austauschs von Medwedtschuk gegen die Asow-Kämpfer prüfen", sagte Sluzki der Agentur Interfax zufolge.

In den vergangenen Tagen haben sich in Mariupol nach russischen Angaben mehr als 2400 ukrainische Soldaten ergeben. Sie hatten sich zuvor wochenlang in den Bunkeranlagen des Asow-Stahlwerks verschanzt und die Hafenstadt gegen die russischen Besatzer verteidigt.

Das am Montag beginnende Weltwirtschaftsforum in Davos fordert eine umfangreiche und international koordinierte Wiederaufbauhilfe für die Ukraine. "Wir müssen jetzt schon am Wiederaufbau des Landes arbeiten", sagte Børge Brende, der Präsident des Forums. Einen "Marshallplan für die Ukraine", forderte er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Dazu wolle er in Davos unter dem Motto "CEOs for Ukraine" die Chefs vieler internationaler Konzerne gewinnen.

Die G-7-Finanzminister hatten sich in der vergangenen Woche bei ihrem Treffen auf dem Petersberg bei Bonn auf Milliardenhilfen für das Land geeinigt. Brende will nun auch private Hilfe mobilisieren. "Es geht um Infrastruktur, Elektrizität, um Schulen, Straßen und Brücken", so Brende. Der ukrainische Präsident soll an diesem Montag eine Videoansprache in Davos vor Vertretern aus 90 Staaten halten. Zudem wird eine Delegation mit Regierungsvertretern aus Kiew in der Schweiz erwartet.

Teilnehmer aus Russland sind wegen des Kriegs gegen die Ukraine in diesem Jahr nicht zugelassen. Auch aus China werden nur wenige Vertreter erwartet.

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