Krieg in der Ukraine:EU verstärkt militärisches Engagement

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Einigkeit im Westen: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell (links) und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel. (Foto: Yves Herman/Reuters)

In einer neuen Ausbildungsmission sollen bis zu 18 000 ukrainische Soldaten in den Mitgliedsländern für den Kampfeinsatz trainiert werden - unter anderem für die Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Waffen.

Von Hubert Wetzel, Brüssel

Der Westen will sich von den Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem Atomwaffeneinsatz nicht einschüchtern lassen. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach Kiew am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Berlin, Deutschland werde so lange weiter Waffen an die Ukraine liefern, "wie es nötig ist - so lange, wie diese Unterstützung erforderlich ist, um Russlands abscheuliche Aggression abzuwehren".

Ähnlich äußerte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Herbsttreffen der Verteidigungsministerinnen und -minister der Allianz in Brüssel. "Wir stehen zusammen in Solidarität mit der Ukraine", sagte er. Die Mitgliedsländer des Bündnisses würden ihre Rüstungsproduktion "hochfahren, damit die Ukraine hat, was sie braucht, um erfolgreich zu sein".

Auch die Europäische Union will sich trotz der Eskalation des Kriegs künftig direkter militärisch engagieren. Die Botschafter der 27 Mitgliedsländer billigten am Mittwoch eine neue Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten, die vor einigen Wochen der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, vorgeschlagen hatte. Insgesamt sollen in den kommenden Monaten bis zu 18 000 Mann in EU-Staaten für den Kampfeinsatz trainiert werden, unter anderem in Polen und Deutschland. Das entspricht neun ukrainischen Brigaden. Neben der normalen Infanterieausbildung soll es auch Lehrgänge für spezialisierte Einheiten geben, zum Beispiel für Sanitäter.

Die EU weitet ihre militärische Hilfe für die Ukraine damit massiv aus. Einzelne europäische Staaten bilden schon jetzt ukrainische Truppen aus, allerdings in deutlich geringerem Umfang. So wurden zum Beispiel in den vergangenen Monaten etwa 800 Soldaten aus der Ukraine in Deutschland im Umgang mit der Panzerhaubitze 2000 geschult, welche die Bundesregierung an Kiew geliefert hat. Es gehe darum, den Beitrag der EU zur Unterstützung der Ukraine sichtbarer zu machen, heißt es in Brüssel. Zudem wird die Ausbildung der Ukrainer durch die EU, eine weitgehend zivile Organisation, in Brüssel für politisch weniger riskant gehalten, als wenn das Militärbündnis Nato diese Aufgabe übernommen hätte.

Das ändert nichts daran, dass die Nato durch ihre Waffenlieferungen erheblich zum militärischen Durchhalten der Ukraine beiträgt. Stoltenberg sagte in Brüssel, die Mitgliedsländer der Allianz hätten aus den Beständen ihrer Armeen so viel Waffen und Munition in die Ukraine geschickt, dass die Lager dringend wieder aufgefüllt werden müssten. Aus Deutschland soll die Ukraine in naher Zukunft unter anderem gepanzerte Fahrzeuge und Winterausrüstung bekommen.

Zusammen mit 14 anderen Nato-Staaten brachte Deutschland am Donnerstag zudem den Aufbau eines gemeinsamen europäischen Luftverteidigungssystems auf den Weg. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht unterzeichnete am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel eine Erklärung zu der sogenannten European Sky Shield Initiative. Das System soll, wenn es einsatzbereit ist, die Nato-Staaten vor Angriffen durch Raketen und Kampfflugzeugen schützen. Derzeit hat die europäische Luftverteidigung erhebliche Lücken.

Die Nato-Ministerinnen und -minister tauschten sich bei ihrem Treffen auch über die Drohung Putins aus, Nuklearwaffen einzusetzen. Man müsse das ernst nehmen, sagte Lambrecht. Drei Nato-Länder - die USA, Großbritannien und Frankreich - verfügen über Atomsprengköpfe. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte allerdings in einem Interview am Mittwochabend, sein Land werde nicht mit dem Einsatz von nuklearen Waffen antworten, sollte Putin einen Atomsprengsatz in der Ukraine zünden. Frankreichs Interessen seien in so einem Fall nicht betroffen. Am Donnerstag bekräftigte Macron diese Linie. "Wir wollen keinen Weltkrieg", twitterte er.

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