Krankenhäuser:Weniger wäre mehr

Deutschland leistet sich mehr Kliniken als andere Länder. Ärzte und Pfleger sollten auf weniger Häuser konzentriert werden.

Von Rainer Stadler

Es wird dem deutschen Gesundheitssystem immer wieder vorgehalten, vor lauter Effizienzdenken das Patientenwohl aus den Augen zu verlieren. Manchmal ist es aber umgekehrt. Deutschland leistet sich im Vergleich zum Ausland viele Kliniken. Das hat Vorteile: Im Notfall ist ärztliche Hilfe nah, schwangere Frauen müssen nicht Hunderte Kilometer zur Entbindung zurücklegen, Angehörige von Patienten haben kurze Wege.

Die Kehrseite der flächendeckenden Versorgung ist aber: Viele Krankenhäuser arbeiten nicht kostendeckend. Das verleitet sie dazu, Eingriffe vorzunehmen, für die sie zwar viel Geld von den Krankenkassen erstattet bekommen, auf die ihr Personal aber oft nur schlecht vorbereitet ist. Übung macht den Meister, das gilt auch für Bauchspeicheldrüsen-OPs oder bei Schlaganfallpatienten. Deshalb ist es sinnvoll, häufig sogar eine Frage von Leben und Tod, solche Eingriffe nur in Kliniken vornehmen zu lassen, deren Mitarbeiter über die nötige Erfahrung verfügen.

Schon heute fehlt es an Personal in Medizin und Pflege. Die Situation wird sich eher noch verschlechtern. Deswegen müssen sich die Gesundheitspolitiker mit dem Gedanken anfreunden, die verbliebenen Ärzte und Pflegekräfte auf weniger Krankenhäuser zu konzentrieren. Nicht weil es effizient wäre, sondern weil es dem Patientenwohl dient.

© SZ vom 16.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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