Korruption in Österreich:Kampf gegen Austrias Amigos

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Österreich hat einen riesigen Urwald: ein Dschungel aus Bestechung, Vorteilsnahme und illegaler Parteienfinanzierung. Ein Untersuchungsausschuss des Nationalrats kämpft sich derzeit durch die Akten. Ein Antikorruptionsgesetz ist unbedingt notwendig - aber die Parlamentarier streiten über zu viele kleine Details.

Cathrin Kahlweit

"Anfüttern" ist ein sehr plastisches österreichisches Wort, es bedeutet, "dass man einem Politiker oder Beamten immer wieder Vorteile zukommen lässt, um ihn gewogen zu machen". So definiert es zumindest Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP), die derzeit unter massivem Druck steht: Sie soll Vorschläge machen, wie das Anfüttern bestraft und die politische Landschaftspflege, vulgo Korruption, zurückgefahren werden kann.

Österreich hat bis heute kein effektives Antikorruptionsgesetz und keine transparente Parteienfinanzierung - wohin das führt, ist derzeit im Korruptionsuntersuchungsausschuss des Parlaments zu besichtigen, wo die Abgeordneten einen Dschungel von Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsnahme und -gewährung sowie illegaler Parteienfinanzierung durchforsten.

Die Ministerin will dem Parlament in den nächsten Tagen ihre Vorschläge präsentieren, die sie vorab aber schon erläutert. So will Karl Abgeordnetenbestechung unter schärfere Strafe stellen. Nicht nur der Stimmkauf soll strafbar sein, sondern auch etwa eine parlamentarische Anfrage auf Bestellung.

Auch die Ministerbestechung steht auf der Liste: Bisher machten sich nur Beamte strafbar, die sich bei einer pflichtgemäßen Amtshandlung bestechen ließen, dabei aber gegen das Dienstrecht verstießen. "Wenn also ein Bürgermeister eine Baugenehmigung erteilt, die an sich in Ordnung ist, sich aber dafür später auf eine Karibikreise einladen lässt, dann muss das strafbar sein", so Karl. "Weil es aber für Minister, Staatssekretär oder Landesminister kein Dienstrecht gibt, kann diese Regelung nicht greifen."

Ein Minister konnte sich also bisher problemlos dafür bezahlen lassen, wenn er Geld für ein Gesetz nahm - solange dieses Gesetz sachlich in Ordnung war. Es sei Sache des Parlaments, zum Schluss ein umfassendes Antikorruptionspaket vorzulegen, betont Karl; in Österreich sei es Usus, dass Abgeordnete Fragen, die sie selbst beträfen, auch selbst ausarbeiteten.

Die Ausformulierung dieses überfälligen Gesetzes schleppt sich indes weiter hin; alle Parteien machen Vorschläge, aber es gibt wenig Konsens. Auch die SPÖ will eine Generalklausel einführen, die immer da zieht, wo kein Dienstrecht existiert. Auch der Begriff des "Amtsträgers" soll neu definiert werden. Bis zum Sommer könne man zu einer Einigung kommen, lässt SPÖ-Sprecher Hannes Jarolim wissen. Streit gibt es über viele kleine Details: Soll man die Annahme von Geschenken ganz verbieten? Dürfen Unternehmen Politiker sponsern? Wie weit dürfen überhaupt Unternehmen, die sich ganz oder teilweise in Staatsbesitz befinden, bei der Unterstützung politischer Parteien gehen?

Peter Pilz, Fraktionsmitglied der Grünen, fordert ein rigides neues Parteiengesetz, denn Korruption und illegale Parteienfinanzierung gingen Hand in Hand: Verdeckte Parteienfinanzierung sowie Spendenwäsche müsse strafbar werden, öffentliche Unternehmen sollten gar nicht mehr spenden dürfen, die Parteien müssten die Herkunft ihrer Gelder für Wahlkämpfe offenlegen. "Aber für all das fehlt der politische Wille", so Pilz.

Justizministerin Karl, die offiziell nicht für das Parteiengesetz zuständig ist und auf das Bundeskanzleramt verweist, plädiert immerhin dafür, Vorfeldorganisationen der Parteien (formal unabhängige, aber den Parteien nahestehende Vereine) mit einzubeziehen. Das Parlament wartet nun offenbar auf eine Initiative von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), der hingegen sieht die Zuständigkeit beim Parlament.

Einigkeit gibt es offenbar vor allem bei dem, was nicht gewollt ist: Das Justizministerium zog Anfang der Woche den Plan zurück, Korruptionsfälle wie Amtsmissbrauch oder Wirtschaftsdelikte per Diversion, einer Art Deal, gerichtlich regeln zu können, auch wenn die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Karl wollte damit die Gerichte entlasten und sagt, sie habe vor allem auf kleinere Fälle gezielt, doch der Aufschrei aus Bevölkerung und Richterschaft war groß: Wo täglich Unglaubliches im Korruptionsuntersuchungsausschuss über das Ausmaß der politischen Korruption ans Licht komme, hieß es landesweit, sei das nun wirklich das falsche Signal.

© SZ vom 02.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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