Konflikte:UN: Mehr als 160 000 Vertriebene in der Ukraine

Genf (dpa) - Die bewaffneten Auseinandersetzungen in der Ukraine haben nach UN-Angaben bislang mehr als 160 000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Etwa 54 000 Menschen seien innerhalb der Ukraine auf der Flucht vor der Gewalt.

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Genf (dpa) - Die bewaffneten Auseinandersetzungen in der Ukraine haben nach UN-Angaben bislang mehr als 160 000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Etwa 54 000 Menschen seien innerhalb der Ukraine auf der Flucht vor der Gewalt.

Weitere 110 000 Menschen hätten seit Anfang des Jahres die Ukraine verlassen und seien nach Russland gegangen, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Freitag. Von ihnen hätten allerdings nur 9500 in Russland den Status von internationalen Flüchtlingen beantragt, sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming Reportern in Genf.

Einige Hundert Ukrainer beantragten laut UN in Polen, Tschechien, Rumänien sowie Weißrussland Unterstützung für Flüchtlinge. Große Sorge bereite den humanitären Helfern "der starke Anstieg der Vertreibung innerhalb der Ukraine", sagte Fleming. Allein in der zurückliegenden Woche hätten 16 400 Menschen im Osten der Ukraine ihre angestammten Wohngegenden verlassen. Als Grund hätten sie meist Angst angesichts einer immer gefährlicheren Lage angegeben.

Unterdessen ringen die Konfliktparteien um eine mögliche Verlängerung der Waffenruhe. Eine von den prorussischen Separatisten verkündete Feuerpause war um 9.00 Uhr MESZ ausgelaufen. Sie war allerdings seit der Verkündung am vergangenen Montag äußerst brüchig.

Erst in der Nacht war es erneut zu vereinzelten Gefechten gekommen. Dabei wurden nahe Kramatorsk mindestens vier Soldaten getötet und fünf verletzt, wie der Militärexperte Dmitri Tymtschuk in Kiew mitteilte.

Militante Gruppen in der Großstadt Donezk besetzten zudem nach fast siebenstündigem Schusswechsel einen Stützpunkt der Nationalgarde. Mehrere Soldaten seien verletzt worden, hieß es. Nahe der Separatistenhochburg Slawjansk wiederum zerstörten Regierungseinheiten einen Kampfpanzer der prorussischen Aufständischen, wie Innenminister Arsen Awakow mitteilte.

Die Feuerpause ist wichtiger Bestandteil eines Friedensplans des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Er hatte am vergangenen Freitag eine einwöchige Waffenruhe der Armee angeordnet, die formell am Freitagabend um 21.00 Uhr MESZ ausläuft. Die Konfliktparteien wollen aber noch im Laufe des Tages mit Vertretern Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Gesprächen über eine mögliche Verlängerung zusammenkommen.

Poroschenko betonte, er sei auch zu Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin bereit - trotz des schweren Streits über die Halbinsel Krim und über Moskaus Unterstützung der Separatisten. "Manchmal ist die Position von Herrn Putin völlig pragmatisch, manchmal ist sie sehr emotional. Ich versuche einen Moment zu finden, in dem er pragmatischer und weniger emotional ist", sagte Poroschenko dem US-Sender CNN. Beide Präsidenten hatten zuletzt mehrfach telefoniert.

Den Aufständischen hatte Poroschenko mit "schweren Konsequenzen" gedroht, falls sie nicht einlenken sollten. In der Ostukraine werde die "Anti-Terror-Operation" der Regierungseinheiten dann vermutlich mit größerer Härte fortgeführt, sagte der Politologe Witali Kulik in Kiew. In den vergangenen Wochen hatte die Armee bereits Kampfhubschrauber und gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt.

In Donezk wollen vier OSZE-Beobachter an diesem Freitag bei einer Pressekonferenz über die Lage in der krisengeschüttelten Ostukraine sprechen. Die Männer waren in der Nacht nach mehr als einem Monat in Gefangenschaft von den Separatisten freigelassen worden.

Den Aufständischen zufolge handelt es sich um einen Schweizer, einen Dänen, einen Türken und einen Esten. Fernsehbilder zeigten, wie die deutlich erschöpfte Gruppe in ein Hotel in Donezk ging. In der Ukraine ist noch ein zweites OSZE-Team seit Wochen festgesetzt.

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