Konflikte:Syrien-Gespräche beginnen ohne Regimegegner

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Staffan de Mistura im Hauptquartier der UN in  Europa in Genf. (Foto: Salvatore di Nolfi)

Genf (dpa) - Zumindest am Verhandlungsort war alles pünktlich für die Syrien-Gespräche vorbereitet. Die UN hatten die Verhandlungsräume im altehrwürden Genfer Gebäude der Vereinten Nationen rechtzeitig herrichten lassen.

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Genf (dpa) - Zumindest am Verhandlungsort war alles pünktlich für die Syrien-Gespräche vorbereitet. Die UN hatten die Verhandlungsräume im altehrwürden Genfer Gebäude der Vereinten Nationen rechtzeitig herrichten lassen.

Sperrwände wurden aufgestellt, um die Delegationen abzuschirmen. Auch die TV-Sender hatten Kameras und Übertragungswagen platziert. Was fehlte, waren die Vertreter der Konfliktparteien. Von der Opposition war nicht einmal bekannt, ob sie anreist. So passierte am Freitag in Genf über Stunden erst einmal - nichts. Zumindest vor den Kulissen. Stattdessen: Leere Räume, Rätselraten, Gerüchteküche.

Das Geduldsspiel um die Verhandlungen, die den Bürgerkrieg nach fünf Jahren beenden sollen, zog sich einmal mehr in die Länge. Auch UN-Sprecher Ahmad Fawzi konnte den Journalisten am Morgen in der ungewöhnlich gut besuchten wöchentlichen Pressekonferenz der Vereinten Nationen nicht weiterhelfen. Ja, sagte der gebürtige Ägypter, die Verhandlungen sollten am Freitag starten. Nein, Einzelheiten gebe es nicht. Wann die genau kommen? Auch unklar.

Vor allem die wichtigste Oppositionsgruppe spielt im Gezerre um den Start der Verhandlungen eine zentrale Rolle. Seit Tagen streitet das in der saudischen Hauptstadt Riad ansässige Hohe Verhandlungskomitee der Regimegegner darüber, ob seine Vertreter überhaupt nach Genf reisen sollen. Vor einem Start, so beteuerte der Leiter des Gremiums, Riad Hidschab, müssten erst die Angriffe auf Zivilisten und die Blockaden durch das Regime enden. Das sei eine Vorbedingung.

UN-Sondervermittler Staffan de Mistura aber hielt an seinem Zeitplan fest. Und der sah vor: Die Verhandlungen beginnen am Freitag - selbst dann, wenn nicht alle eingeladenen Gruppen am Ort sind. So traf der erfahrene schwedisch-italienische Diplomat, der gerade erst seinen 69. Geburtstag gefeiert hat, am späten Nachmittag mit der Delegation des syrischen Regimes zusammen. Bewacht von Sicherheitsleuten traf der Chefunterhändler der Regierung, Baschar Dschaafari, am späten Nachmittag im UN-Gebäude ein. Ohnehin will der UN-Diplomat mit den Konfliktparteien erst einmal getrennte Gespräche führen - bis er den Zeitpunkt für Verhandlungen Auge in Auge gekommen sieht.

Jetzt ist die Opposition am Zug. De Mistura mag die Gespräche mit dem Regime beginnen - ohne dessen Gegner aber kann er sie kaum fortsetzen. Doch denen fällt es schwer, sich durchzuringen. Die langen Verhandlungen in Riad zeigen, dass die Teilnahme intern massiv umstritten ist. Die Interessengegensätze sind schon allein deswegen riesig, weil das Spektrum in dem Verhandlungskomitee groß ist. Es reicht von gemäßigten Oppositionellen bis zu Vertretern radikal-islamischer Rebellengruppen - die Russland als enger Verbündeter des Regimes ganz von den Verhandlungen ausschließen will.

Zudem steht die Opposition unter „enormem Druck“ von außen, wie es aus Riad heißt. Der Westen - darunter die USA und Deutschland - fordert das Komitee zur Teilnahme auf. Saudi-Arabien und die Türkei dagegen geben die Bremser. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan riet den Regimegegnern gar öffentlich, den Friedensgesprächen fernzubleiben, solange es keinen Waffenstillstand gebe. Eine Teilnahme der Delegation an den Verhandlungen zu den derzeitigen Bedingungen wäre ein „Verrat“ an den Kämpfern an der Front.

Aussagen wie diese machen deutlich, dass die Syrien-Verhandlungen auch in den nächsten Monaten ein Geduldsspiel werden, selbst wenn die Opposition einmal angereist ist. Konflikte zwischen den Kriegsparteien gibt es viele, die Gräben sind tief wie Schluchten. De Mistura hat sechs Monate für die Verhandlungen angesetzt.

Auch eine schnelle Waffenruhe ist nicht zu erkennen. Täglich sterben weiter Menschen. Die Not der Syrer wächst. Allein 4,6 Millionen Menschen lebten in Regionen, die blockiert oder nur schwer zu erreichen seien, sagte die Sprecherin des Welternährungsprogramms (WFP), Bettina Luescher: Die Menschen in Syrien brauchen Frieden.

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