Konflikte:Poroschenko erklärt Waffenruhe in Ostukraine für eine Woche

Kiew/Swjatogorsk (dpa) - Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat im Kampf gegen prorussische Separatisten eine einseitige Waffenruhe von einer Woche angeordnet. Der seit langem angekündigte Schritt soll den Weg für Frieden in der Ostukraine freimachen, teilte das Innenministerium mit.

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Kiew/Swjatogorsk (dpa) - Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat im Kampf gegen prorussische Separatisten eine einseitige Waffenruhe von einer Woche angeordnet. Der seit langem angekündigte Schritt soll den Weg für Frieden in der Ostukraine freimachen, teilte das Innenministerium mit.

Die Feuerpause diene dazu, "dass die Terroristen ihre Waffen niederlegen können". Wer dies nicht tue, werde "vernichtet." Der Erlass, der eine Feuerpause bis Freitag, 27. Juni, vorsieht, wurde am Abend in Kiew veröffentlicht.

Der Kreml kritisierte die Pläne Poroschenkos als "unzureichend". Die einwöchige Waffenruhe der Regierungskräfte sei kein Schritt hin zu einem Friedensprozess, sondern lediglich eine Aufforderung an die "Volkswehr" zur Kapitulation, teilte der Kreml am Freitag in Moskau mit. Es fehle das "zentrale Element", nämlich ein Angebot zum Dialog.

Die Aufständischen teilten mit, dass sie den Ankündigungen nicht glaubten. "Wir haben schon hundertmal von einer Waffenruhe seitens der Nationalgarde und der ukrainischen Armee gehört. Aber die Militäroperationen hören keine Minute auf", sagte der Donezker Separatistenanführer Andrej Purgin. Beenden könne das Feuer nur der Oligarch Igor Kolomojski, der als Gouverneur von Dnjepropetrowsk eigene regierungstreue Truppen finanziere. "Niemand wird die Waffen niederlegen", sagte auch der Anführer Miroslaw Rudenko.

Die Streitkräfte würden Gewalt nur zur Verteidigung anwenden und nicht aktiv gegen militante Gruppen vorgehen, sagte Poroschenko in einem Einsatzlager der "Anti-Terror-Kräfte" in der ostukrainischen Stadt Swjatogorsk. Der Staatschef zeigte sich nahe der Kampfzone demonstrativ in einem Tarnanzug. Es war sein erster Besuch in der krisengeschüttelten Region Donezk seit seinem Amtsantritt am 7. Juni.

Die prorussischen Kräfte müssten auch besetzte Gebäude in den ostukrainischen Großstädten räumen und die zentralen Hörfunk- und Fernsehstationen freigeben, betonte er. Poroschenkos Friedensplan sehe auch vorgezogene Parlaments- und Kommunalwahlen vor, hieß es. Zudem habe der Staatschef angekündigt, auf Staatskosten mit der Wiedererrichtung von Wohnhäusern zu beginnen.

Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin teilte am Abend mit, er habe seinen Kollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) über den Plan informiert. Diese Phase des Friedensplanes sei eng mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) abgestimmt, sagte Poroschenko nach Angaben seiner Präsidialverwaltung. Das Dokument hat insgesamt 14 Punkte.

Russland wies unterdessen Kritik der Nato an einer Konzentration von Truppen an der ukrainischen Grenze zurück. Bei der Verstärkung von Einheiten handele es sich um die vom Westen selbst geforderte Sicherung der Grenze, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Putin habe die Verstärkung der Truppen "vor Wochen" mit westlichen Partnern besprochen. Die Kritik sei daher "verwunderlich".

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte den Aufmarsch am Vortag kritisiert. Der Westen hatte Russland zu einer stärkeren Kontrolle der Grenze zur Ukraine aufgefordert. Damit soll verhindert werden, das Separatisten Waffen aus Russland erhalten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich besorgt über die russischen Truppenbewegungen. Sie forderte Moskau erneut auf, den Zustrom von Waffen und Kämpfern in die Ukraine zu unterbinden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Kremlchef Wladimir Putin müsse auf die Separatisten einwirken, dass sie einen Waffenstillstand auch einhalten. Bundesregierung und EU seien unverändert zu weiteren Sanktionsmaßnahmen bereit, sollte Russland nicht zu einer Deeskalation im Osten der Ukraine beitragen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßte den Friedensplan. Auch drei frühere ukrainische Präsidenten sagten der Initiative demonstrativ ihre Unterstützung zu. Die Vorstoß sei der richtige Weg für Frieden, teilten Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko mit. Die "aggressive Außenpolitik Russlands", das die militanten Gruppen unterstütze, müsse mit Hilfe des Westens gestoppt werden, forderten die Ex-Präsidenten in Kiew.

Poroschenko hatte den Plan in den vergangenen Tagen bei Telefonaten mit Putin und Merkel besprochen. Der Initiative seien komplizierte Diskussionen zwischen dem Staatschef und seinen Beratern vorausgegangen, sagte der Vizechef der Präsidialverwaltung, Waleri Tschaly. Medien in Kiew zufolge waren sie uneins, ob die Zentralmacht den Separatisten das Gespräch anbieten soll. Zudem sollen Militante, die keine schweren Verbrechen begangen haben, straffrei ausgehen.

Bei blutigen Gefechten in der Ostukraine kamen erneut viele Menschen ums Leben. Im Raum Donezk seien mindestens 12 Soldaten erschossen und 25 verletzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Aufseiten der Aufständischen seien an zwei Tagen insgesamt 300 Kämpfer getötet worden, teilte ein Behördensprecher mit. Zuletzt hatte es häufig abweichende Angaben über Opferzahlen gegeben.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte in einem Telefonat mit seinem neuen ukrainischen Kollegen Klimkin einen Dialog aller Parteien im Ukraine-Konflikt. Klimkin appellierte an Lawrow, die Separatisten in der Ostukraine zur Abgabe der Waffen aufzufordern. Er hatte das Amt erst am Donnerstag angetreten, zuvor war er Botschafter der Ukraine in Berlin.

Die USA haben Sanktionen gegen sieben weitere prorussische Separatistenführer in der Ukraine verhängt. Darunter seien Denis Puschilin, Igor Strelkow sowie Waleri Bolotow und Andrej Purgin, teite das US-Finanzministerium am Freitag mit.

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