Kolumbien:Respekt und Beifall

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Vor einer Woche musste Präsident Santos im Referendum einen Rückschlag für den Friedensprozess hinnehmen. Doch er gab nicht auf. Nun erhält er den Friedensnobelpreis für seine Zähigkeit, das ist ermutigend.

Von Sebastian Schoepp

Die Wandlung von Juan Manuel Santos vom Kriegsminister zum Friedenspräsidenten ist eine der erstaunlicheren Volten der Weltpolitik. Vor nicht langer Zeit arbeitete Santos noch daran, die "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (Farc) militärisch zu besiegen. Jetzt hat er den Friedensnobelpreis bekommen, weil er mit aller Konsequenz das Gegenteil tut. Selbst nach dem Rückschlag, der Ablehnung des Friedensvertrags im Referendum am vergangenen Sonntag, hat Santos nicht aufgegeben. Er ist weder zurückgetreten wie David Cameron nach dem Brexit, noch hat er die Armee in Marsch gesetzt. Es ist diese Konsequenz, die belohnt wurde. Selten hat eine Entscheidung des Nobelkomitees so viel Beifall verdient. In Oslo begannen vor Jahren die Verhandlungen über ein Ende des kolumbianischen Bürgerkriegs, der ein halbes Jahrhundert andauert und Hunderttausende Tote gefordert hat. In Oslo wurde nun die Zähigkeit prämiert, die Santos dabei an den Tag legt. Er hat sein politisches Schicksal an den Frieden geknüpft, jetzt kann er diese Ermutigung zum Weitermachen gut gebrauchen. Die Wahl des Preisträgers weist weit über Kolumbien hinaus. Alle, die dort für ein Ende des Krieges eintreten, geben ein Beispiel für andere, die sich nach Frieden sehnen: in Syrien, in Somalia, im Kongo, im Irak. In all diesen Regionen haben sich die Konfliktparteien - wie in Kolumbien - anscheinend hoffnungslos ineinander verkeilt. Santos hat gezeigt: Man kann solche Blockaden aufbrechen, wenn man auf den Gegner zugeht und die Hand zur Versöhnung und Vergebung ausstreckt. Diese Geste passt nicht jedem, viele fordern Auge um Auge, Zahn um Zahn. Den Rachedurstigen voran marschiert der frühere Kriegspräsident Álvaro Uribe. Der Preis hat Santos nun für die anstehenden, mühseligen Verhandlungen mit Uribe auf der einen und den Farc auf der anderen Seite gestärkt. Übrigens gebührt auch den Rebellen Repekt; sie haben nach dem gescheiterten Referendum nicht sofort wieder zu den Waffen gegriffen. Dass Rebellenchef Timochenko trotzdem nicht ausgezeichnet wurde wie seinerzeit PLO-Chef Jassir Arafat, ist ein realpolitisches Gebot der Vernunft. Die Farc in den Nobelpreis einzubeziehen, wäre für die Friedensskeptiker eine Provokation gewesen - und hätte dem Frieden nicht gedient.

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