Kolumbien:Noch mehr Frieden

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Dank für die Friedensbemühungen: Eine Frau aus den Anden schenkt Präsident Juan Manuel Santos eine selbstgemachte Tasche. (Foto: Presidencia de la República/AFP)

Der Friedensnobelpreis hat einen antreibenden Effekt: Kolumbiens Präsident Santos will nun auch mit der ELN-Guerillagruppe verhandeln.

Nach dem historischen Friedensabkommen mit den Rebellen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) nimmt die Regierung in Bogotá nun auch Verhandlungen mit der Guerilla-Gruppe Ejército de Liberación Nacional (ELN) auf. Die Gespräche mit der Nationalen Befreiungsarmee, wie sie auf Deutsch heißt, sollen am 27. Oktober im Nachbarland Ecuador beginnen, wie Unterhändler beider Seiten am Montag im venezolanischen Caracas bekannt gaben. Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos sagte, der Friede in Kolumbien werde nur "vollständig" sein, wenn die ELN-Guerilla dabei sei. Sie ist mit geschätzten 1500 Kämpfern etwa ein Viertel so groß wie die Farc.

Santos ist für seine Bemühungen mit den Farc der Friedensnobelpreis 2016 zugesprochen worden, das mag ihn zu dem Schritt bewogen haben, die Bemühungen um die ELN zu verstärken. Mit der Guerilla "streben wir seit fast drei Jahren Verhandlungen an, um den Konflikt mit ihnen zu beenden", sagte Santos. "Und heute haben wir eine gute Nachricht", fügte der Staatschef hinzu.

Eine Freilassung von Gefangenen war die Bedingung für Gespräche

Die Farc-Rebellen hatten sich mit der Regierung Ende August nach vierjährigen Verhandlungen in Havanna auf einen Friedensvertrag geeinigt. Anfang Oktober stimmten die Kolumbianer in einem Referendum jedoch mit einer dünnen Mehrheit gegen den Friedensvertrag, die Wahlbeteiligung war sehr gering. Santos bemüht sich nun um eine Überarbeitung des Abkommens - das will sein Gegenspieler, Ex-Präsident Álvaro Uribe, dem die Konditionen des Vertrags mit den Farc zu weich sind, er fordert eine härtere Bestrafung der Guerilleros und weiß damit einen guten Teil der Bevölkerung hinter sich. Sein Kritikpunkt ist die geplante politische Betätigung von Ex-Guerilleros und die Sonderrechtsprechung, die maximal acht Jahre Gefängnis für Ex-Kämpfer vorsieht.

Vor der Ankündigung der offiziellen Friedensgespräche hatte die ELN-Guerilla dem Roten Kreuz einen Gefangenen übergeben. Nach Angaben der katholischen Kirche handelt es sich bei dem Gefangenen um den vor drei Monaten verschleppten Nelson Alarcón. Es war die dritte Geisel-Freilassung der ELN-Guerilla innerhalb von zwei Wochen. Die Behörden vermuten, dass die Rebellen noch mehr Geiseln gefangen halten, wie viele es sind, weiß man nicht. Einer ist der ehemalige Abgeordnete Odín Sánchez, der sich im Austausch für seinen kranken Bruder im April in die Gewalt der Guerilla begeben hatte.

Ende März hatten ELN und Regierung einen öffentlichen Dialog angekündigt, ohne jedoch ein Datum für dessen Beginn zu nennen. Der Start hatte sich verzögert, weil die Guerilla sich zunächst weigerte, ihre Gefangenen freizulassen. Santos hatte dies jedoch im März zur Bedingung für Verhandlungen mit den Rebellen gemacht.

In den ersten Gesprächen soll es darum gehen, wie sich die Bevölkerung an den Verhandlungen beteiligen könne. Offenbar will Santos diesmal den Eindruck vermeiden, er verhandele über die Köpfe der Menschen hinweg. Dabei soll laut Guerilla vor allem auch geklärt werden, wie der "rechtliche Status" für diejenigen aussehe, die wegen einer Verbindung zur ELN angeklagt oder verurteilt wurden.

Farc-Chef Rodrigo Londoño alias Timochenko begrüßte den Schritt zur Aussöhnung mit der ELN bereits vor der Bekanntgabe des offiziellen Termins. "Viel Erfolg", schrieb Timochenko im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Der Farc-Chefunterhändler Iván Márquez twitterte: "Sehr gute Nachricht für das Land, das Abkommen zwischen ELN und der Regierung, einen Dialog zu beginnen."

Die Farc und die ELN hatten in den 1960er-Jahren im Kampf gegen Großgrundbesitzer und die Regierung zu den Waffen gegriffen. In den Konflikt waren neben der Armee auch andere linke Guerillagruppen, rechte Paramilitärs und die Drogenmafia verwickelt. Die Grenzen verschwimmen dabei mitunter. In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehr als 260 000 Menschen getötet, 45 000 Menschen gelten als vermisst. Fast sieben Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben, nicht geringe Teile des Landes sind vermint.

© SZ vom 12.10.2016 / AFP, dpa, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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