Am Mittwoch hatten die Generalsekretäre wieder ihren Auftritt nach der großen schwarz-gelben Runde. Das sogenannte Statement von Ronald Pofalla (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Dirk Niebel (FDP) wird eine der schlimmsten Erinnerungen an diese Koalitionsverhandlungen bleiben, selbst wenn die restlichen Tage der Regierungsbildung von heftigen Unwettern oder beißendem Schwefelgeruch aus der Kanalisation begleitet werden sollten. Der Auftritt der Generalsekretäre ist eine peinliche Inszenierung der Desinformation.
Die ersten beiden Male hatten die drei nichts mitzuteilen. Beim dritten Auftritt verkauften sie nun die Einigung über eine Verdreifachung der Schonvermögen als Durchbruch, obwohl Union und FDP diesen Punkt im Wahlprogramm stehen hatten, und obwohl dennoch das Feilschen um sage und schreibe 50 Euro rauf oder runter offenbar noch mehrere Tage gedauert hat.
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Man kann den Generalsekretären allenfalls zugute halten, dass ihre Parteichefs ihnen nur Magerkost zur Präsentation mitgeben. Das aber wirft neben der Frage nach der Attraktivität des Berufsbildes Generalsekretär vor allem die Frage nach dem Stand dieser Koalitionsverhandlungen auf: Wenn die Anhebung der Schonvermögen das einzig konkrete und zu verkündende Ergebnis nach zehn Verhandlungstagen ist, dann ist das selbst für jene, die Schwarz-Gelb gar nichts zutrauen, so unglaubwürdig, dass nur eine Antwort übrigbleibt: Diese Koalition inszeniert sich mit Kalkül einstweilen schlechter, als sie ist. Und es ist ja ein bewährtes Mittel von Angela Merkel, Erwartungen so weit abzudimmen, dass am Ende alles, was trotzdem kommt, schon deswegen wie ein großer Erfolg aussieht. Jeder Zeuge des G-8-Gipfels in Heiligendamm hat seine Lektion in dieser Hinsicht gelernt. Merkels Erwartungsmanagement ist mittlerweile legendär.
Mutter Teresa der FDP
Die Kanzlerin und Guido Westerwelle verfolgen mit dieser Häppchen-Information noch ein zweites Ziel: Das von der SPD und anderen heraufbeschworene schwarz-gelbe Schreckgespenst soll nicht nur vertrieben, es soll liquidiert werden. Dass eine werdende Koalition aus Union und FDP als erstes Resultat eine Wohltat für einige Hartz-IV-Empfänger verkündet, ist gleichermaßen durchschaubar wie eine dazugehörige Pressemitteilung, in der Guido Westerwelle die Erhöhung der Schonvermögen als seinen persönlichen Sieg und sich selbst quasi als Mutter Teresa der FDP feiern lässt.
Alles Theater enthebt Merkel und Westerwelle nicht der Aufgabe, einen Koalitionsvertrag vorzulegen, der für die nächsten vier Jahre nicht nur Ziele nennt, sondern konkrete Wege dorthin. Auch bei Themen, die strittiger sind als die Schonvermögen. In so einen Vertrag gehören Zahlen, Daten, Fakten. Bei den Generalsekretären war da am Mittwoch schon wieder Schluss. Wie viel mehr Geld jobbende Hartz-IV-Empfänger künftig behalten dürfen, konnten sie noch nicht sagen. Nach zehn Tagen Verhandlung.