Koalitionsverhandlungen:Kompromiss bei der Türkei-Frage

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Bei den Verhandlungen zwischen Union und FDP gibt es offenbar Einigungen zur Türkei-Frage, zu Reformen auf dem Finanzmarkt - und über Hilfen für die Milchbauern.

Die Außen- und Verteidigungspolitiker von Union und FDP haben sich in ihren Koalitionsgesprächen überraschend auf einen Kompromiss zur strittigen Frage der Integration der Türkei in die EU geeinigt. Beim Thema Wehrpflicht blieben die Positionen von CDU und CSU auf der einen und der FDP auf der anderen Seite nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa hingegen unvereinbar.

Auch über die FDP-Forderung nach Abzug der US-Nuklearwaffen aus Deutschland sei in der fast zehnstündiger Sitzung am Mittwoch in Berlin keine Einigung erzielt worden, hieß es am späten Abend.

Der Kompromissvorschlag zur Türkei-Frage sieht nach Angaben aus der Arbeitsgruppe so aus: In den Koalitionsvertrag solle ein Passus aufgenommen werden, wonach die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Türkei als "ergebnisoffen" erklärt werden. Für den Fall einer Ablehnung ihres Beitritts solle der Türkei ein "privilegiertes Verhältnis" zur EU angeboten werden. Diese Formulierung entspricht weitgehend der bisherigen Koalitionsvereinbarung von Union und SPD. Die FDP wollte das Thema bisher aus den Verhandlungen heraushalten, die CSU möglichst ein Nein zur Aufnahme durchsetzen. Die CDU hatte dafür plädiert, den Aspekt wie schon in dem Vertrag der großen Koalition erneut zu erwähnen.

Keine Annäherung gab es beim Thema Wehrpflicht. Die FDP verlangt die Aussetzung des Pflichtdienstes für Männer, unter anderem weil sie wegen der niedrigen Einberufungszahlen die Wehrgerechtigkeit nicht gewahrt sieht. CDU und CSU halten die Wehrpflicht dagegen für unverzichtbar. Darüber soll nun in der großen Koalitionsrunde am Wochenende beraten werden. Aus allen drei Parteien verlautete, eine Kompromisslinie könnte sein, einen Auftrag zur Überprüfung der Wehrpflicht zu erteilen.

Einig waren sich die Unterhändler den Angaben zufolge beim Thema Afghanistan. Die Polizeiausbildung solle verstärkt und die Koordination des gesamten deutschen Engagements, das mehrere Ministerien betrifft, verbessert werden. Ob es einen speziellen Koordinator geben könnte, müsse ebenfalls die große Koalitionsrunde beim Zuschnitt der Ressorts entscheiden.

Reformen auf dem Finanzmarkt

Auf dem Finanzmarkt setzten sich Union und FDP für weitere Reformen ein und wollen die Risiken für eine erneute Krise eindämmen. Die künftigen Koalitionäre einigten sich nach Informationen der dpa auf Prinzipien, um Fehlanreize in der Finanzindustrie zu vermeiden. Teil der Vereinbarung ist die bereits bekanntgewordene Konzentration der Bankenaufsicht in Deutschland bei der Deutschen Bundesbank.

Das von der Arbeitsgruppe Steuern/Finanzen/Haushalt vereinbarte Koalitionspapier sieht unter anderem vor, dass sich die Vergütungssysteme für Bank-Manager stärker am langfristigen Erfolg ihres Unternehmens orientieren. Bei schlechter Geschäftsentwicklung soll es auch Abzüge geben können (Malus). Nach der Krise sollen es zudem differenzierte Kapitalanforderungen an Banken geben - je nach Risiko und Bedeutung eines Instituts. Ziel ist es, dass Banken in Krisenzeiten Verluste in stärkerem Maße selbst tragen können.

Das künftige schwarz-gelbe Regierungsbündnis bekennt sich zudem zum Drei-Säulen-Bankensystem aus privaten Banken, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen. Auch sollen wichtige (systemrelevante) Institute, die in Schieflage geraten sind, Staaten künftig nicht mehr zu Rettungsaktionen zwingen können. Dabei geht es auch um Instrumente zur Sanierung von Banken in einer Schieflage noch vor einer Insolvenz oder zur schonenden Abwicklung solcher Institute.

Hilfe für Milchbauern

Den Milchbauern will die künftige Koalition in der Preiskrise zusätzliche Hilfen gewähren. Das vereinbarte die Arbeitsgruppe Agrar nach Informationen der dpa. Dazu sollten EU-Mittel, die bereits vorhanden sind und die noch erwartet werden, zur gezielten Unterstützung von Milcherzeugern als zusätzliche Grünlandprämie gewährt werden. Diese EU-Prämie zur Förderung extensiver Bewirtschaftung von Grünland wird grundsätzlich durch nationale Gelder ergänzt.

Dagegen scheiterte zunächst eine Einigung von Schwarz-Gelb in der Frage nationaler Aktionen zur Steigerung der Milchpreise. Die CSU fordert eine Steuerung der Milchmenge und macht sich dafür stark, die Verrechnung von zu viel und zu wenig gelieferter Milch auszusetzen. Dies lehnen CDU und FDP ab. Dabei geht es nicht um zusätzliches Geld, sondern um die Milchproduktion.

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