Wer als Wissenschaftler den Klimawandel begleitet, ist wirklich nicht zu beneiden. Jahr um Jahr legen Forscher neue, erdrückende Belege für die Erderwärmung und deren Folgen vor. Und Jahr um Jahr werden sie Zeuge, wie die Warnungen weitgehend folgenlos verpuffen. Wissenschaft und Politik agieren scheinbar auf zwei Planeten, die sich unablässig voneinander entfernen - obwohl sie letztlich auf ein und demselben leben müssen. Und der ist in Gefahr.
In ihrer Verzweiflung haben sich nun Tausende Wissenschaftler auf die Seite jener Schüler gestellt, die jeden Freitag auf mehr Klimaschutz drängen. "Jetzt muss gehandelt werden", verlangen sie, damit haben sie zweifellos recht. Und dennoch ist ihr Unterfangen riskant.
Es lässt die Grenzen zwischen Forschung und Politik verschwimmen; Wissenschaftler werden zu Akteuren in der Frage, was Politik aus Forschung macht. Das bedient die Vorbehalte jener, die an der Unabhängigkeit der Wissenschaft zweifeln. Nirgends sind diese Bedenken so ausgeprägt wie in der Klimadebatte, wo Skeptiker gezielt die Erkenntnis zu desavouieren suchen. Erkenntnis, Wege zur Lösung suchen - das ist die große Aufgabe, das große Verdienst der Wissenschaftler. Leidet ihre Glaubwürdigkeit unter der politischen Ungeduld, schadet das ihrem Anliegen.