Klimaschutz:Theorie und Praxis

Die Staatengemeinschaft entfernt sich von ihren Zielen, der Ausstoß an Treibhausgasen steigt. Es mag noch Chancen geben, den schlimmsten Folgen des Klimawandels zu entgehen - aber mit jedem Jahr, das ungenutzt verstreicht, wird es schwieriger.

Von Michael Bauchmüller

Der Preis der Versäumnisse hat in der Theorie der Klimapolitik längst seinen festen Platz. Grob kalkuliert hatte das der britische Ökonom Lord Nicholas Stern schon 2006; die Botschaft war recht einfach: Wer sich mit dem Klimaschutz Zeit lässt, der wird später einmal doppelt und dreifach draufzahlen. Es mag teuer sein, die Treibhausgase aus Industrie, Verkehr und Alltag zu verbannen. Aber viel teurer kommt es, das nicht zu tun. Dafür sorgen die Schäden der Erderhitzung.

Die traurige Praxis, im November 2019: Das UN-Umweltprogramm stellt fest, dass sich die Staatengemeinschaft von ihren Klimazielen entfernt, statt sich anzunähern. Die Emissionen sind nicht gesunken, sondern gestiegen. Und die Bundesregierung legt einen Lagebericht zum Klimawandel vor, der alle Berechnungen Sterns bestätigt: Die Kosten steigen Jahr für Jahr - ob zur Kompensation von Ernteausfällen, im Gesundheitswesen oder in der Katastrophenvorsorge. Willkommen in den ersten Ausläufern des Klimawandels.

Es mag noch Chancen geben, den schlimmsten Folgen zu entgehen. Aber mit jedem Jahr, in dem die Emissionen nicht sinken, wird die Klimawende nur noch schwieriger. Gelingt sie nicht rechtzeitig, wäre das ein Versagen planetaren Ausmaßes. Leider wird es Zeit, sich darauf einzustellen.

© SZ vom 27.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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