Klimaschutz:Ran an die Arbeit

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Die Ergebnisse der UN-Konferenz von Kattowitz könnten die Klimapolitik endlich in eine neue Phase katapultieren - wenn die neuen Instrumente jetzt auch genutzt werden.

Von Michael Bauchmüller

Als der Hammer in Kattowitz gefallen ist und die Klimakonferenz endlich ein Ergebnis hat, eilen die Politiker vor die Tür. Draußen stehen die Kameras, Hunderte Mikrofone gieren nach Statements. Auch Miguel Arias Cañete, der EU-Klimakommissar, ist dabei, er sagt: "Und jetzt ist der Augenblick, das in Aktionen umzusetzen."

Wie recht er nur hat. Ran an die Arbeit! Jede der mittlerweile 24 Klimakonferenzen war so ein Augenblick. Jedes Mal hatten sich die Staaten versammelt, um ein Problem anzugehen, das nur alle zusammen lösen können; das alle in irgendeiner Form in Mitleidenschaft ziehen wird, wenn sie es nicht lösen. Jedes Mal war das Problem ein bisschen dringlicher. Doch nie reichten die guten Vorsätze, um anschließend den Lauf der Dinge zu ändern, es blieb beim Vorsatz. Das Ergebnis ist bedrückend. Die globalen Emissionen sind nicht gesunken, sondern gestiegen, ebenso die Temperaturen und damit auch die Probleme.

Jetzt müsste man wirklich mit dem Handeln richtig anfangen, da hat der Kommissar recht, so wie all die anderen Minister vor den Kameras. Viele stehen noch unter dem Eindruck der Konferenz-Gespräche. Es redet sich einfach anders über Klimapolitik, wenn der Vertreter von, sagen wir, Nauru dabei sitzt. Die Sorgen der Betroffenen relativieren schnell einige der Probleme, denen sich die Verursacher der Klimakrise daheim gegenübersehen.

Denn dort liegen die Dinge meist anders. Klimaschutz könnte ein Programm sein, ganze Volkswirtschaften zu modernisieren. Er führt heraus aus dem Zeitalter, in dem mit Hitze und Dampf Strom erzeugt wurde, in dem lärmende und stinkende Verbrenner Fahrzeuge betrieben. Er kann Wohnungen wohnlicher machen und Industriebetriebe effizienter. Doch wie jeder Wandel trifft er auf Widerstände, auch legitime Sorgen. Es sind die Sorgen der anderen Betroffenen: Sie leiden nicht unter dem Klimawandel, sondern unter dem Klimaschutz.

"Der Augenblick, das in Aktionen umzusetzen" - das ist damit auch der, über diese Aktionen offen zu reden. Etwa darüber, wie sich Klimaschäden auch in Preise übersetzen lassen. Welche Folgen es hat, wenn fossile Energie teurer wird - und wie sich diese Folgen für jene lindern lassen, die wenig Geld haben. Wie sich der Umbau einer fossilen Wirtschaft für jene abfedern lässt, die darin Lohn und Brot finden. Was es für Lebensstile und Konsum bedeutet, wenn sie absehbar in die Klimakrise führen - und wie ein klimafreundliches Leben dennoch ein gutes Leben sein kann.

Die Klimakonferenz von Kattowitz hat diese Debatten näher rücken lassen. Stärker als je zuvor ist ein neues Ziel auf die Weltbühne getreten: die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius. Aus Sicht der Betroffenen des Klimawandels ist diese Grenze ein globaler Imperativ. Doch erreichen lässt es sich nur, wenn die Staaten rasch beginnen, "das in Aktionen umzusetzen". Und mit dem Regelwerk, das sich die Minister und Delegierten gegeben haben, werden Schummeleien im Klimaschutz schwerer. Künftig lässt sich genau überprüfen, wer im Klimaschutz nur redet, und wer handelt.

Beides zusammen - ein höheres Ziel und strengere Kontrolle - könnte den Klimaschutz in eine neue Ära befördern. Wie der EU-Kommissar so schön formuliert: Der Augenblick ist da.

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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