Klimaschutz:Ökosteuer II

Umweltministerin Schulze will eine CO₂-Steuer einführen. Aber die Pläne, die sie vorlegt, wecken unselige Erinnerungen.

Von Detlef Esslinger

Drei Gutachten für eine CO₂-Steuer hat Umweltministerin Svenja Schulze am Freitag vorgestellt; der zentrale Satz steht in einem dieser Gutachten auf Seite 9 unten: "Die durch die CO₂-Aufschläge ausgelösten Preisimpulse führen zu Einsparungen von 19 bis 74 Millionen Tonnen im Jahr 2030." Diese Schätzung ist derart grob, dass sie kaum noch die Bezeichnung "Schätzung" verdient; anders gesagt, die erwogene Steuer wäre ein Schuss ins Blaue.

Vielleicht trifft sie, vielleicht auch nicht. Die Absicht der Ministerin ist aller Ehren wert, und auch die grundsätzliche Herangehensweise stimmt: Ihre neue Steuer soll Anreize zu klimabewusstem Verhalten schaffen. Anreize sind etwas, was Menschen mögen; im Unterschied zu Verboten. Die Frage ist, ob Svenja Schulze mit einer Steuer, die nach den Vorstellungen ihrer Gutachter innerhalb von zehn Jahren von 35 auf 180 Euro pro Tonne CO₂ steigen soll, wirklich Anreize schaffen würde - oder ob die Leute weiterhin zum Beispiel von München nach Paris fliegen werden, weil sie die maximal fälligen 45 Euro CO₂-Steuer zwar als lästig, aber leicht verkraftbar empfänden.

Abgesehen davon, dass eine solche Steuer nur einer von mehreren Bausteinen einer Klimapolitik sein kann, neben dem Ausbau von Bus und Bahn, neben der Förderung von Wärmedämmung und vielem mehr: Wenn man sie macht, dann bitte mit Entschlossenheit, und nicht so wie vor 20 Jahren. Eine "Ökosteuer", die dem Staat und seiner Rentenkasse nutzt, dem Klima aber gar nicht, gibt es schon seit 1999.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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