Katholische Kirche:Kardinalverbrechen

Australien zeigt: Bei Missbrauch muss der Staat einschreiten.

Von Jan Bielicki

Obwohl das Urteil im fernen Australien fiel, betrifft es doch die Katholische Kirche in der ganzen Welt. Immerhin war Kardinal George Pell einer ihrer ganz Mächtigen, von Papst Franziskus zum Finanzchef des Vatikan berufen. Nun stellt auch ein australisches Berufungsgericht fest, dass dieser Kirchenfürst seine Macht als Erzbischof von Melbourne missbraucht hat, um zwei 13 Jahre alte Kinder sexuell zu nötigen und eines von ihnen zu vergewaltigen. Der Richterspruch ist ein Desaster für Pell, der weiter seine Gefängnisstrafe absitzen muss, sowie für den Papst und die ganze Kirchenhierarchie.

Für die vielen Opfer, die weltweit von kirchlichen Würdenträgern missbraucht wurden, ist es dagegen eine Genugtuung. Es bedeutet nämlich: Endlich werden Täter in Soutane zur Rechenschaft gezogen, selbst wenn sie in ihrer Macht unberührbar erschienen und wie Pell sogar ehemalige Premierminister als Charakterbürgen aufbieten können. Lange genug hat das gedauert.

Vor allem aber beweist das Urteil: Die so lange vertuschten Verbrechen lassen sich nur dann erfolgreich aufklären, wenn staatliche Ermittler sich darum bemühen. Dass die katholische Kirche allerorts eigene Aufklärungskommissionen einsetzt, ist zwar schön, gut und nötig. Aber es reicht halt nicht. Australien zeigt der Welt: Hier muss der Staat ran.

© SZ vom 22.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: