Kampf um neue FDP-Spitze:Rösler strauchelt an der ersten Hürde

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Philipp Rösler sollte das neue Führungsteam der FDP formen - doch der designierte Chef ist kurz davor, schon an seiner ersten großen Aufgabe zu scheitern. Kann er sich nicht mal gegen den schwachen Rainer Brüderle durchsetzen?

Die FDP hat sich noch nicht auf eine neue Führungsspitze um den designierten Vorsitzenden Philipp Rösler verständigt. "Wir haben heute eine erste Runde gehabt", sagte Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger am Rande der Sitzung der Spitzengremien der Liberalen in Berlin. Vorschläge seien benannt, aber noch nicht abschließend beraten worden. "Die Partei will jetzt auch die Diskussion", sagte Homburger.

Philipp Rösler im Gespräch mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle: Der designierte Parteichef legte am Montag keine eigenen Vorschläge zum neuen Führungsteam der FDP vor. (Foto: dpa)

Der FDP-Generalsekretär assistierte ihr: "Heute ist nicht der geeignete Zeitpunkt, abschließende Entscheidungen zu treffen", erklärte Christian Lindner. Nur einer schwieg zunächst: Philipp Rösler selbst.

Eigentlich war nach den Ankündigungen der vergangenen Tage aus der Partei erwartet worden, dass Rösler an diesem Montag konkrete Vorschläge macht, die auf dem Bundesparteitag vom 13. Bis 15. Mai in Rostock dann beschlossen werden sollten. Doch Rösler verzichtete bei dem Treffen überraschend darauf, ein eigenes Personal-Tableau vorzulegen. Jetzt sieht es allerdings so aus, als könne sich der neue Parteichef schon wieder bei einer wichtigen Entscheidung nicht durchsetzten.

Vor allem einer macht Probleme. Denn offenbar hält sich der in der Kritik stehende Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle eine erneute Kandidatur als stellvertretender Vorsitzender offen - und düpiert damit Rösler schon wieder. Rösler musste bereits beim Kampf um das Wirtschaftsministerium gegen den FDP-Problembären klein beigegeben.

Kandidiert Brüderle tatsächlich, wären derzeit fünf Kandidaten für die drei Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden im Rennen - die FDP steuert auf Kampfkandidaturen zu.

Als gesetzt für je einen Stellvertreterposten gelten der nordrhein-westfälische Landeschef Daniel Bahr und seine bayerische Kollegin, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Für den dritten Posten gibt es nun aber womöglich drei Kandidaten.

Brüderle verwies darauf, dass sein rheinland-pfälzischer Landesverband ihn als Bundesvize nominiert habe. Allerdings hielt er sich ein Hintertürchen offen: Offenbar erklärte er, über seine Kandidatur müsse noch geredet werden.

Auch der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn warf seinen Hut in den Ring. Am Rande der Sitzung sagte er jedoch, die Zusammenstellung der neuen Mannschaft obliege dem designierten Parteichef Philipp Rösler. Als "Teamplayer" sei er notfalls bereit, sich mit dem Platz eines Beisitzers zufrieden zu geben, wenn Rösler dies wolle. "Die Eitelkeiten müssen jetzt weg", sagte der hessische Justizminister. Angesichts der Situation der Partei müsse Röslers Team passen. "Der Schuss muss sitzen."

Und die ostdeutschen Landesverbände pochen auf einen Vizechef aus ihren Reihen. Dies machte in der Sitzung der thüringische Landeschef Uwe Barth deutlich. Als heißer Anwärter gilt der sächsische Landeschef Holger Zastrow. Auch er bekundete Interesse.

Bislang werden die neuen Länder von Parteivize Cornelia Pieper repräsentiert, die sich nach dem Wahldebakel in Sachsen-Anhalt nicht wieder zur Wahl stellt. Auch der Platz des ehemaligen NRW-Landeschefs Andreas Pinkwart wird frei.

Westerwelle-Kritiker Kubicki will in FDP-Spitze

Auch wie das neue Präsidium aussehen soll, ist ungeklärt. Überraschend drängt der schleswig-holsteinische Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki auf einen Platz. Der langjährige Gegenspieler des scheidenden Parteivorsitzenden Guido Westerwelle machte mehrfach mit harscher Kritik an der Partei- und Fraktionsführung auf sich aufmerksam und brachte kurz vor Weihnachten die Führungsdebatte ins Rollen.

Die Aufstellung des neuen Teams, mit dem die Liberalen 2013 auch in den Bundestagswahlkampf ziehen wollen, gilt als wichtige Bewährungsprobe Röslers. Der Bundesgesundheitsminister und künftige Vizekanzler hat eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung der FDP versprochen.

In Umfragen erreicht die Partei derzeit nicht mal fünf Prozent und musste mehrere herbe Wahlschlappen einstecken. Rösler hat bislang nur verkündet, dass er sich Christian Lindner als Generalsekretär an seiner Seite wünscht. Mit dem 32-Jährigen verbindet ihn ebenso wie mit dem 34-jährigen Bahr eine enge Freundschaft. Zum neuen Schatzmeister will er Fraktionsvize Patrick Döring machen.

Vor allem Brüderle steht unter Druck. Ihm wird wegen seiner Atomäußerungen eine Mitschuld am Wahldebakel in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gegeben. Vorstandsmitglied Michael Theurer sagte dem Südwestrundfunk: "Vielleicht wäre er klug beraten, genau zu überlegen, ob er nochmal für das Präsidium antritt oder einem Jüngeren oder einer Jüngeren dort eine Chance einräumt."

Nach Angaben von Teilnehmern appellierte Rösler auch an die Landesverbände, neben Leutheusser-Schnarrenberger weitere Frauen für das Präsidium vorzuschlagen - um den Aufbruch auf diese Weise zu markieren. Es ist ein verzweifelter Versuch, Duftmarken zu setzten.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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