Als die Alkoholfahrt der Bischöfin Margot Käßmann bekannt wurde, gab es in den Mails ans Kirchenamt und in den Internetforen eine Menge Häme. Mittlerweile ist sie abgelöst von einer Flut der Trauer und der Bitten, doch vom Rücktritt zurückzutreten.
Mit Käßmann ist nicht einfach nur eine Frau vom Ratsvorsitz der evangelischen Kirche zurückgetreten, die einen schweren Fehler gemacht hat. Es ist vorerst auch das Modell einer Kirche gescheitert, in der eine geschiedene Frau an der Spitze stehen kann, die über das enger gewordene Milieu der Überzeugten hinaus wirkt und für Menschen attraktiv ist, die Kirchen sonst als grau und staubig wahrnehmen.
Der Fall der Ratsvorsitzenden zeigt die Kehrseite jener Personalisierung, die mit Wolfgang Huber begonnen hatte: Sie funktioniert nur, wenn Person und Bild übereinstimmen. Was für Käßmann bedeutet hätte: Sie hätte als gefallenes Vorbild wieder als Idealbild identifizierbar werden müssen, eine an die Grenzen des Menschlichen gehende Aufgabe, die sie nicht mehr tragen konnte.
Mit Nikolaus Schneider, dem rheinischen Präses, trennen sich Amt und Person wieder stärker. Schneider ist klug, respektabel, sympathisch, aber Margot Käßmanns Charisma hat er so wenig wie ihre Verbindung von Spiritualität und Engagement.
Wahrscheinlich ist der ruhige Teamspieler das Beste, was der evangelischen Kirche derzeit passieren kann; der rheinische Präses sollte nicht unterschätzt werden. Mental aber steht diese Kirche wieder da, wo sie in den 90-er Jahren stand: solide, brav, geführt von 60-jährigen Männern. Wachsen gegen den Trend kann sie so nicht. Bestenfalls wird es dazu reichen, sich gegen den Strom der Zeit zu stemmen.