Justiz:Immer mehr Verdächtige werden aus U-Haft entlassen

Lesezeit: 1 min

Weil Strafverfahren zu lange dauerten, hoben Oberlandesgerichte 2018 mindestens 65 Haftbefehle auf.

Immer häufiger müssen Verdächtige wegen zu langer Strafverfahren aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Im vergangenen Jahr hoben die Oberlandesgerichte aus diesem Grund bundesweit in mindestens 65 Fällen Haftbefehle gegen dringend Tatverdächtige auf. Das geht aus Zahlen des Deutschen Richterbundes hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. 2017 waren es demnach 51 Fälle, im Jahr davor 41. Als Ursache sieht der Verband unter anderem die hohe Beanspruchung der Strafgerichte und Staatsanwälte sowie den gewachsenen Aufwand bei der Bearbeitung der Verfahren.

In der Untersuchungshaft landen nur Beschuldigte, die dringend tatverdächtig sind. In Betracht kommt das vor allem bei schweren Verbrechen und wenn man davon ausgeht, dass der Verdächtige flüchten oder weitere Taten begehen könnte. Bei Diebstählen, Sachbeschädigung oder Körperverletzung gibt es in der Regel keine Untersuchungshaft. Die Justiz ist verpflichtet, Verfahren gegen Untersuchungshäftlinge möglichst schnell voranzutreiben. Andernfalls kommen Betroffene nach einer gewissen Zeit aus der U-Haft frei, auch wenn die Vorwürfe gegen sie nicht ausgeräumt sind. Zwar gibt es keine starre Obergrenze, generell soll eine Untersuchungshaft aber nicht länger als sechs Monate dauern. Nur wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen dies rechtfertigen, ist eine Verlängerung möglich. Die Deutsche Richterzeitung hatte bei den Justizministerien aller Bundesländer die Zahl der Haftentlassungen wegen zu langer Strafverfahren abgefragt. Allein in Berlin mussten vergangenes Jahr 13 Tatverdächtige entlassen werden, weil die Justiz ihre Verfahren nicht zügig genug bearbeiten konnte. Der Richterbund sieht mehrere Gründe dafür. Neben der Arbeitsbelastung seien dies immer aufwendigere Verfahren mit internationalen Verstrickungen und große auszuwertende Datenmengen, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.

© SZ vom 25.03.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: