Jugendpfarrer in Sachsen angeklagt:Jede Bewegung des VW-Busses wurde registriert

Schwerer noch mag der Vorwurf wirken, an dem Bus habe sich vorübergehend ein Steinewerfer aufgehalten, den die Polizei kurz darauf festnahm. Dass der Bus nicht direkt stehen geblieben war, wird dem Pfarrer offenbar als Strafvereitelung ausgelegt, auch wenn unklar scheint, ob er den Vorgang überhaupt bemerkt hatte.

Königs Anwalt Johannes Eisenberg, erklärt die Vorwürfe gegen seinen Mandanten für hanebüchen. Nicht zum ersten Mal hat der Geistliche mit der Dresdner Justiz zu tun. Bereits im Sommer geriet König in die Schlagzeilen, als Ermittler des Landeskriminalamts Sachsen eine Razzia in seiner Pfarrwohnung im thüringischen Jena veranstalteten, ohne ihre zuständigen Kollegen in dem Nachbarland überhaupt ins Benehmen zu setzen. Damals wurde noch wegen der "Bildung krimineller Vereinigungen" gegen König ermittelt - wobei die tatsächlichen Vorwürfe im Vergleich zur aktuellen Anklageschrift noch weit nebulöser klangen.

So waren die Ermittler bei der Überwachung einer Gruppe von Linksaktivisten in Dresden auf ein Funktelefon gestoßen, das auf König angemeldet war. Zwar stellte sich schnell heraus, dass nicht der Pfarrer, sondern seine Tochter Katharina das Handy benutzte, gleichwohl erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Amtsgerichtsbeschluss, demzufolge er drei Monate lang observiert werden sollte.

Ausgangspunkt für diese Ermittlungsmaßnahme war eine Begebenheit am 5. Februar dieses Jahres gewesen. Damals war mittels Personenüberwachung minutiös ein Besuch von Königs Tochter Katharina in Dresden überwacht worden. Polizeiliche Späher beobachteten, wie sie mit zwei Männern einen Friedhof besichtigte, auf dem zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens, dem 13. Februar, stets Kränze niedergelegt werden. Die Ermittler vermuteten die Vorbereitung einer kriminellen Handlung - weshalb die Observation des Pfarrers angeordnet wurde. Gegen seine Tochter konnte man nicht so einfach vorgehen, denn sie ist Landtagsabgeordnete der Linkspartei und genießt Immunität.

Als am 19. Februar 2011 die Demonstration in Dresden begann, derentwegen Pfarrer König jetzt angeklagt wurde, war die Observation des Geistlichen förmlich noch in Kraft. Das mag der Grund sein, warum der blaue VW-Bus, der in der Jungen Gemeinde liebevoll "Lauti" genannt wird, so genau beobachtet wurde. Jede Bewegung des alten Gefährts wurde registriert, und jedes Wort aufgenommen. Fast scheint es, als hätten die Ermittler nur auf einen falschen Ton gewartet.

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