Jemen: Generäle meutern:Militär stellt sich gegen Staatschef Salih

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Der Halbbruder des Präsidenten Ali Abdullah Salih führt eine innere Revolution im Jemen an. Generalmajor Ali Mohsen Salih verkündete bei einer Pressekonferenz, er werde mit seinen Truppen von nun an die Demonstranten schützen.

Rudolph Chimelli

Die Macht des jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih bröckelt am Montag weiter. Fünf Generäle erklärten ihre Unterstützung für die Protestbewegung und forderten den Staatschef zum Rücktritt auf. An ihrer Spitze steht Generalmajor Ali Mohsen Salih, ein Halbbruder des Präsidenten und Kommandeur der nordwestlichen Militärregion, zu der die Hauptstadt Sanaa gehört.

Militär contra Staatschef. Der noch amtierende Präsident Jemens Ali Abdullah Salih. (Foto: DPA)

Auf einer Pressekonferenz sagte der General, seine Truppen würden von nun an die Demonstranten schützen, unter denen Anhänger des Präsidenten vorigen Freitag ein Blutbad angerichtet hatten. Dabei wurden 52 Menschen getötet und mehr als hundert verletzt. Am Montag herrschte in Sanaa unter dem Schutz von Salihs Truppen Ruhe. "Der Jemen leidet heute an einer umfassenden Krise, die jeden Tag schlimmer wird", sagte Ali Mohsen Salih.

Als deren Gründe nannte er das Fehlen von Dialog und die Unterdrückung von gewaltlosen Demonstranten. Namens der Offiziere der Streitkräfte, die ein untrennbarer Teil des Volkes seien, erklärte der General, das jemenitische Militär sehe seine Pflicht hinfort darin, die Jugendrevolution und ihre Forderungen friedlich zu unterstützen. Der Präsident hatte am Sonntag das gesamte Kabinett entlassen, forderte es jedoch am Montag auf, bis zur Neubildung einer Regierung geschäftsführend weiterzuarbeiten. Schon vorher waren mehrere Minister aus Protest gegen die blutige Unterdrückung der Demonstrationen wider den Präsidenten zurückgetreten.

Die Demissionswelle setzte sich am Montag fort, als mehrere jemenitische Botschafter ihre Posten niederlegten. Offiziell ließ die Regierung verkünden, 19 der Scharfschützen, die am Freitag das Massaker unter den Demonstranten verübt hatten, seien verhaftet worden. Sie hatten von den Dächern Sanaas auf die Demonstranten geschossen. Die Stimmung gegen den Präsidenten war jedoch auch durch diese Ankündigung nicht mehr zu besänftigen.

Die Kundgebungen für seinen Rücktritt gingen am Montag weiter, während Panzer von General Ali Mohsen Salihs 1. Panzerdivision im Stadtzentrum Posten bezogen. Die Sicherheitskräfte der Regierung wurden vom Tagheer-Platz in der Nähe der Universität abzogen. Es kam zu keinen Zwischenfällen mehr. Der Abfall der Generäle bedeute für den Staatschef ein klares Zeichen, dass sein Spiel zu Ende sei, zitierte der Sender al-Dschasira den Chefredakteur der Yemen Post, Hakim al-Masmari. "Er muss jetzt gehen."

Schon jetzt stünden 60 Prozent der Armee auf Seiten der Protestbewegung. "Bis zum Abend werden sich 90 Prozent Mohsen Salih angeschlossen haben." Er gehe davon aus, dass der Präsident von dieser Entwicklung gewusst habe. "Er erwartet, dass der General ihn ohne weitere Demütigungen gehen lässt." Ähnlich äußerte sich auch die frühere Sprecherin des jemenitischen Außenministeriums, Dschamila Ali Radscha. Auch sie nimmt an, dass nun unter militärischem Schutz ein Übergangsregime gebildet werde. Sie sprach von "einem Szenario ähnlich wie in Ägypten".

Als erster westlicher Diplomat forderte Frankreichs Außenminister Alain Juppe den Präsidenten zum Rücktritt auf. Indessen sind im Norden des Landes die Kämpfe zwischen Huthi-Rebellen und den Regierungstruppen sowie den verbündeten Stammeskriegern beider Seiten wieder aufgeflammt. Es ging dabei um eine Militärstellung, die den Eingang zur Provinz al-Dschauf kontrolliert. Die Huthis nahmen die Stellung am Sonntag ein, schossen ein Regierungsflugzeug ab und eroberten mehrere Panzer.

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