Japan:Eine neue Ära

Hilft der neue Kaiser der Politik? Die Geschichte weiß die Antwort.

Von Christoph Neidhart

Mit dem Kaiserwechsel hat in Japan eine neue Zeitrechnung begonnen: Reiwa. Viele Japaner rätseln, ob sich die neue Zeit positiv auswirke, auf die Börse zum Beispiel. Früher glaubte man das. Bis 1868 wurden die Ära-Wechsel nicht mit den Kaisern synchronisiert. Vielmehr ließ der Shogun, Nippons Militärdiktator, eine neue Zeit etwa nach Katastrophen, zum Beispiel einem Erdbeben, ausrufen. Damit verbannte er das Leid der Menschen in die Vergangenheit. Erst die Nationalisten, die Japan zum Imperium über Asien machen wollten, knüpften die Ära-Namen an den Tenno.

Japans Politik neigt heute dazu, alle Probleme vor sich herzuschieben: die demografische Krise, die beispiellose Staatsverschuldung, die Diskriminierung der Frauen, eine klaffende Lohnungleichheit, den Energiewandel, auch eine ernsthafte Aussöhnung mit den Nachbarn. Auch der Monarchie droht eine Krise, weil sie die weibliche Erbfolge nicht zulässt.

Es mag sein, dass ein Ära-Wechsel psychologische Wirkung entfaltet. Premier Shinzō Abe nutzt schon lange und erfolglos die Beschwörungsformel von den "Abenomics" in der Hoffnung auf mehr Wachstum. Reiwa macht nicht alles neu, allerdings: Nach den letzten vier Ära-Wechseln sind die Regierungen binnen weniger Monate kollabiert. Vielleicht zeigt Reiwa doch Wirkung.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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