In Italien herrscht Aufregung, weil zwei Politikerinnen von männlichen Kollegen dumm angegangen worden sind. Im ersten Fall war es Paternalismus, im zweiten Fall Sexismus gepaart mit Schäbigkeit. Nun hat sich auch der Regierungschef in die Debatte eingeschaltet.
Giorgia Meloni, Parteichefin der nationalkonservativen Fratelli d' Italia, 39 Jahre alt und schwanger, musste sich von ihrem bürgerlichen Rivalen um das Bürgermeisteramt von Rom anhören, sie möge auf ihre Kandidatur verzichten: Sie "sollte sich jetzt dem Muttersein widmen - für eine Frau ist es das Schönste, was das Leben bereithält." Als die Empörung anschwoll, schickte der ehemalige Chef des Zivilschutzes nach, man deute seine Worte falsch, er könne Meloni nämlich gut leiden, er habe nur so geredet, wie er auch mit seiner Ehefrau reden würde.
Meloni erfuhr eine parteiübergreifende Welle der Solidarität. Ministerinnen und Parlamentarierinnen rieten ihr, sich frei zu fühlen in ihren Entscheidungen. Dann meldete sich Silvio Berlusconi aus der Versenkung: "Meloni kann nicht Mutter und Bürgermeisterin sein", sagte er, "es ist ein schrecklicher Job in einer Stadt, die sich in einem jämmerlichen Zustand befindet." Als Bürgermeisterin müsse sie 14 Stunden am Tag unterwegs sein, das könne sie nicht als Mutter.
"Klar kann sie das", sagte Renzi
Wieder vergingen nur Stunden, bis sich Matteo Renzi einschaltete: "Klar kann sie das", sagte der Premier, auch wenn er sich natürlich wünsche, dass der linke Bewerber gewinne.
Der zweite Fall spielt in Mailand, wo in einigen Monaten ebenfalls eine neue Stadtregierung gewählt wird. Patrizia Bedori, 52 Jahre alt, Hausfrau und Mitglied der Protestpartei Movimento Cinque Stelle, zog am Sonntag unter Tränen ihre Kandidatur zurück, weil sie die Beschimpfungen wegen ihres Aussehens nicht mehr ertrug.
Frauen haben es schwer in der italienischen Politik. Renzis erstes Kabinett zählte fünfzig Prozent Frauen, zwei Jahre später sind es nur noch 25 Prozent. Von allen Bürgermeistern in Italien sind nur elf Prozent Frauen.