Israel:Vergeltung mit dem Geldhahn

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Der Mord an einer jungen Frau schlägt hohe Wellen im israelischen Wahlkampf. Premier Netanjahu will als Reaktion Geldtransfers für die Palästinensische Autonomiebehörde einfrieren.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Ein 29-jähriger Palästinenser aus Hebron soll aus "nationalistischen Motiven" am Wochenende eine 19-jährige Israelin mit Messerstichen nahe Jerusalem umgebracht haben. Nach Angaben des israelischen Inlandsgeheimdienstes soll der Mann die Tat gestanden haben, sie wird offiziell als Terrorakt eingestuft. Die Ermordung der jungen Frau, die in der jüdischen Siedlung Tekoa lebte, ließ die Wogen in Israel hochgehen - nicht zuletzt, weil hier Wahlkampf ist.

Premierminister Benjamin Netanjahu will als Reaktion auf den tödlichen Angriff nun Geldtransfers für die palästinensische Autonomiebehörde einfrieren. Der Politiker der rechtsnationalen Likud-Partei kündigte an, bis Ende der Woche werde die Arbeit zur Umsetzung des bereits vergangenen Juli beschlossenen "Gesetzes zur Einbehaltung von Terroristeneinnahmen" fertig sein. Am kommenden Sonntag werde das Sicherheitskabinett dem zustimmen. "Niemand soll Zweifel daran haben: Nächste Woche beginnen wir damit, Gelder einzubehalten", drohte Netanjahu. Finanzminister Mosche Kahlon von der Kulanu-Partei teilte am Montag mit, die Umsetzung könne per Mausklick sofort passieren.

Israel will Geld einbehalten, das die Autonomiebehörde den Angehörigen von Israel getöteter Palästinenser oder von palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen zukommen lässt. Die Palästinenser sehen dies als notwendige Unterstützung an, wenn der Familienernährer wegfällt. Nach israelischen Angaben unterstützt die palästinensische Autonomiebehörde 35 000 Familien. Laut israelischen Abgeordneten soll die Autonomiebehörde in den vergangenen vier Jahren über einen sogenannten Märtyrerfonds vier Milliarden Schekel (knapp eine Milliarde Euro) ausbezahlt haben.

Der palästinensische Minister für Zivilangelegenheiten, Hussein al-Scheich, ein Vertrauter von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, sagte nach der Ankündigung, wenn Israel einen Teil des Geldes einbehalte, werde die Autonomiebehörde die gesamte Summe ablehnen. Es handele sich um "eine Drohung, um Chaos zu verbreiten". Auch israelische Sicherheitsbehörden hatten sich gegen die Kürzung ausgesprochen, weil sie befürchten, dass dann die Autonomiebehörde die Sicherheitskooperation mit Israel einstellt. Palästinenser erinnerten daran, dass am vergangenen Freitag zwei Teenager im Alter von 14 und 18 Jahren von israelischen Sicherheitskräften bei den Protesten an der Grenze zum Gazastreifen erschossen worden sind.

Die Todesstrafe wurde in Israel erst einmal verhängt

Justizministerin Ayelet Schaked, die der den Siedlern nahestehenden Partei Neue Rechte angehört, forderte die Todesstrafe für den mutmaßlichen Attentäter. "Er hat sie getötet, weil sie ein jüdisches Mädchen war." Auch der Minister für öffentliche Sicherheit, Likud-Politiker Gilad Erdan, sagte, die Tat könnte mit der Todesstrafe geahndet werden.

Die Todesstrafe wurde erst einmal verhängt: 1962 gegen den Nazi Adolf Eichmann. Sie kann unter "besonderen Umständen" verhängt werden, wenn drei Richter zustimmen. Versuche, die Todesstrafe auf Terrorfälle auszuweiten, sind im Vorjahr gescheitert - obwohl Netanjahu die Initiative des damaligen Verteidigungsminister Avigdor Lieberman unterstützt hatte. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Nadav Argaman, trat gegen die Verschärfung auf. Nach der Wahl am 9. April könnte ein neuer Anlauf unternommen werden.

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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