Israel:Trump lässt Netanjahu wie einen Lügner aussehen

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US-Präsident dementiert Gespräche über Annexion von Siedlungen im Westjordanland.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Es ist der erste öffentliche Konflikt zwischen Donald Trump und Benjamin Netanjahu. Der israelische Premierminister steht wie ein Lügner da, bloßgestellt und gerüffelt vom US-Präsidenten. Dabei hatte Netanjahu bei einer Veranstaltung eigentlich nur beschwichtigen wollen. Er hatte den Antrag von Abgeordneten, der die Annexion von jüdischen Siedlungen im Westjordanland fordert, von der Tagesordnung nehmen lassen. Um die Mitglieder seiner rechtsgerichteten Likud-Partei zu beruhigen, hatte er dies damit begründet, dass ein solcher Schritt mit den USA koordiniert werden müsse. Er spreche, so versicherte Netanjahu, schon "seit einiger Zeit mit den Amerikanern" darüber. Es sei ein "historischer Schritt".

Kaum schwappte diese Meldung übers Mittelmeer und den Atlantik, kam ein scharfes Dementi aus dem Weißen Haus. "Berichte, wonach die USA mit Israel über einen Annexionsplan im Westjordanland sprechen, sind falsch", ließ Trump seinen Sprecher Josh Rafael mitteilen, der in Nahost-Fragen eng zusammenarbeitet mit dem Schwiegersohn und Berater des Präsidenten, Jared Kushner. "Die USA und Israel haben nie so einen Vorschlag diskutiert, und das Augenmerk des Präsidenten richtet sich voll und ganz auf seine israelisch-palästinensische Friedensinitiative."

Israel könnte auch einen neuen Konflikt mit der EU wegen eines Forschungsprogramms auslösen

Bereits zuvor hatte Trump in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem Gratisblatt Israel Hajom durch ungewöhnliche Kritik an Israel und Zweifel an Netanjahu aufhorchen lassen. Er sei sich nicht sicher, ob Israel darauf aus sei, Frieden mit den Palästinensern zu schließen. Der Siedlungsbau verkompliziere die Lage und Israel müsse "sehr vorsichtig mit den Siedlungen sein", warnte Trump.

Aber auch in der Knesset verhallten diese Warnungen ungehört. Am Montagabend - zugleich mit Trumps Reaktion in Washington - stimmten die Abgeordneten mit 56 zu 35 Stimmen einem Gesetz zu, das Israels Souveränität auf Bildungseinrichtungen im besetzten Westjordanland ausweitet. Damit ist die Universität Ariel mit 14 000 Studierenden in der gleichnamigen israelischen Siedlung im Westjordanland gemeint, sie wird offiziell zur neunten israelischen Universität.

Mit dieser Anerkennung könnte Israel auch einen neuen Konflikt mit der EU auslösen. Nach einem lange schwelenden Streit hatten die EU und Israel 2013 vereinbart, dass EU-Forschungsgeld im Rahmen des Programms Horizon 2020 nicht in Siedlungen in den von Israel besetzten Gebieten fließen dürfen.

Die Knesset-Entscheidung ist noch ein Schritt einer schleichenden Annexion, die für die internationale Gemeinschaft völkerrechtswidrig ist. 1967 eroberte und besetzte Israel das Westjordanland und Ostjerusalem, Ostjerusalem wurde 1980 auch annektiert. Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen, wird international weiter heftig debattiert, in Israel genießt sie ungeteilte Zustimmung. In Netanjahus Partei gibt es sogar einen Beschluss mit der Forderung, es solle das ganze Westjordanland annektiert werden. Bisher gibt es 200 Siedlungen, 600 000 Israelis wohnen dort und in Ostjerusalem zwischen drei Millionen Palästinensern. 2018 sollen rund 1100 neue Wohnungen entstehen.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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