Israel:Parteien-Vermehrung

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Vor der Wahl im April formieren sich immer neue Gruppierungen. Vor allem auf der Rechten werben Abtrünnige aus dem Likud um die Stimmen der Siedler.

Von alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Völlig überraschend gaben Israels Bildungsminister Naftali Bennett und Justizministerin Ajelet Shaked am Samstagabend die Gründung einer Partei mit dem Namen Neue Rechte bekannt, mit der sie gemeinsam mit der Abgeordneten Shuli Moalem-Refaeli bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 9. April antreten wollen. Selbst Abgeordnete der Partei Jüdisches Heim erfuhren erst durch eine Pressekonferenz vom Ausstieg ihres Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin.

"Die Neue Rechte ist am rechten Flügel angesiedelt, kämpft ohne Kompromisse für den Staat Israel und gegen einen palästinensischen Staat", erklärte Bennett. Zu den Gründungsmitgliedern seiner bisherigen Partei Jüdisches Heim gehörte 2008 ein stark religiöser Flügel, dessen Einfluss sich Bennett und Schaked nun entziehen. Bennett führte die Partei seit 2012, ihm könnte der ultraorthodoxe Abgeordnete Betzalel Smotrich nachfolgen.

Mit den Neuen Rechten erwächst der rechtsnationalen Likud-Partei von Benjamin Netanjahu Konkurrenz: Bennett und Shaked hatten jahrelang wichtige Posten im Büro des Premierministers inne, ehe sie sich der Partei Jüdisches Heim anschlossen. In den vergangenen Monaten hatte sich Bennett als stärkster Widerpart gegen Netanjahu im Kabinett profiliert. Die Neue Rechte wirbt wie die Partei Jüdisches Heim um die Stimmen der 600 000 jüdischen Siedler im Westjordanland.

Hinter dem Likud, der in allen Umfragen klar in Führung liegt, landete aus dem Stand die neue Partei des ehemaligen Generalstabschefs der israelischen Armee, Benny Gantz. Bisher sind weder Programm noch Kandidaten bekannt, nur der Name der Partei wurde veröffentlicht: Widerstandskraft für Israel. Der ehemalige Verteidigungsminister Mosche Yaalon, der ebenfalls mit einer - noch namenlosen - Partei antreten will, bestätigte Gespräche mit Gantz über eine gemeinsame Liste. Beide Armeechefs sind nicht mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert und könnten für nicht so weit rechts stehende Likud-Wähler eine Alternative bieten.

Netanjahu Konkurrenz: die "Neue Rechte" um Naftali Bennet wirbt um Siedler-Stimmen

Die Abgeordnete Orly Levy-Abekasis, die früher der Partei Unser Haus Israel angehörte, gründete ebenfalls eine neue Partei namens Brücke. Hundert Tage vor dem Urnengang steigt mit Brücke und Neuer Rechte die Zahl der Parteien, die im rechten und ganz rechten Spektrum um Wähler werben, auf acht: Die bisherigen Koalitionsparteien Likud, Jüdisches Heim und Kulanu sowie die religiösen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum treten wieder an. Nationalistische Wähler hat auch Avigdor Lieberman mit seiner Partei Unser Haus Israel im Visier, sein Rückzug als Verteidigungsminister führte mit Verzögerung zu Neuwahlen. Linken Parteien, darunter der Arbeitspartei, werden starke Verluste vorausgesagt.

Ob noch vor der Wahl eine Entscheidung über Korruptionsanklagen gegen Netanjahu fällt, liegt an Generalstaatsanwalt Avichai Mordechai. Als bekannt wurde, dass das Grab von Mordechais Vater geschändet wurde und er selbst mehr Polizeischutz erhielt, ließ Netanjahu über seinen Anwalt erklären, er übe keinen Druck aus.

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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