Israel:Ohne Netanjahu

Der stark belastete Premier hat nicht den Anstand, selbst zurückzutreten. Nun muss der Generalstaatsanwalt erneut entscheiden. Und der Likud muss seinen Vorsitzenden endlich fallen lassen. Vielleicht lassen sich dann Neuwahlen vermeiden.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hat es in der Hand, die politische Ära von Benjamin Netanjahu endgültig zu beenden: Wenn er bekannt gibt, dass dieser als Angeklagter keine Regierung mehr bilden darf, ist der umstrittene Premier ein Regierungschef auf Abruf. Eine dritte Wahl binnen eines Jahres, auf die Netanjahu drängt, wäre nicht mehr nötig. Es braucht offensichtlich diese zweite juristische Entscheidung, um den Mann von der Macht zu verdrängen. Ihm fehlt der Anstand, nach drei Korruptionsanklagen selbst zurückzutreten.

Dabei ist offensichtlich, dass Netanjahu sich verzockt hat: Er kann keine Regierung bilden. Er hat nicht geschafft, eine Mehrheit für ein Immunitätsgesetz zu finden. Der Generalstaatsanwalt lässt sich nicht durch Drohungen einschüchtern. "Niemand steht über dem Gesetz", sagte Mandelblit bei der Anklageverkündigung - was Netanjahu nicht akzeptiert, aber im Likud realisieren immer mehr Politiker, dass Netanjahus Verbleib der Partei schadet.

Mehr als die Hälfte der Israelis fordert seinen Rücktritt. Der von Benny Gantz vorgeschlagenen Einheitsregierung steht nur Netanjahu im Weg. Verweigert Netanjahu eine Vorwahl, droht ihm ein Putsch. Aber nur ein Wechsel an der Spitze des Likud kann das politische Chaos in Israel beenden.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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