Israel:Kampf gegen die neue Welle

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Das Kabinett Netanjahu beschließt einen neuen Lockdown an Wochenenden und versucht damit, den Anstieg der Corona-Fälle in Israel abzumildern.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Mit einem Lockdown an Wochenenden und weiteren generellen Einschränkungen will Israel die neue Corona-Welle stoppen. Beschlossen wurde das in einer nächtlichen Kabinettssitzung, auf die sogleich Kritik von vielen Seiten folgte. Die Regierung reagiert mit den Maßnahmen darauf, dass mittlerweile fast 2000 Neuinfektionen pro Tag - und damit rund vier Mal so viele wie in Deutschland, das eine fast zehnmal größere Bevölkerung aufweist - gemeldet werden. Israel verzeichnet derzeit mehr als 25 000 akute Fälle.

Konkret beschlossen wurde, dass von sofort an zwischen Freitagnachmittag und Sonntagmorgen alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte sowie Museen, Zoos und Touristenattraktionen geschlossen werden. Geschäfte haben am jüdischen Sabbat ohnehin in der Regel nicht geöffnet. Einschneidender dürfte deshalb die Schließung der Strände sein, die erst vom nächsten Wochenende an gelten soll. Ein abschließender Andrang ist also zu erwarten. Generell, also nicht nur an den Wochenenden, werden alle Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen auf zehn Menschen und im Freien auf 20 Personen beschränkt. Restaurants dürfen ab nächstem Dienstag keine Gäste mehr bewirten, erlaubt ist nur Mitnahme- oder Lieferservice. Ursprünglich sollte auch dies schon ab sofort gelten, doch die Regierung machte nach einem Aufschrei der Branche noch einmal ein kleines zeitliches Zugeständnis.

Die neuen Maßnahmen sollen einen wirtschaftlich kaum zu verkraftenden kompletten Lockdown wie im Frühjahr verhindern, zumindest fürs Erste. Sie dürften allerdings das ohnehin aufgeheizte Klima im Land weiter verschlechtern. Oppositionsführer Jair Lapid übte scharfe Kritik daran, dass die Beschlüsse "mitten in der Nacht und ohne Datengrundlage" gefällt worden seien. "Die Regierung dreht durch, sie hat das Vertrauen der Bevölkerung verloren", schimpfte er. Auch Ärztevertreter kritisierten, dass Beschränkungen "ohne epidemiologische Basis" angeordnet würden. In der vergangenen Woche war es bereits zu mehreren, zum Teil gewalttätigen Protesten gegen die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu gekommen.

© SZ vom 18.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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