Israel:Islamischer Dschihad schwört Rache

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Ein Vorfall an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen könnte eine neue Gewaltspirale auslösen - und laufende Gespräche mit der Hamas untergraben.

Von Moritz Baumstieger, München

Ein Zwischenfall an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen nahe dem Ort Khan Yunis hat unter Palästinensern Empörung ausgelöst. Die israelische Armee erschoss am Sonntagmorgen nach eigenen Angaben einen Palästinenser, der einen selbstgebauten Sprengsatz in der Nähe des Zaunes anbringen wollte. Bei dem Mann soll es sich um einen Kommandanten der Al-Quds-Brigaden gehandelt haben, dem militärischen Arm der Terrororganisation Islamischer Dschihad. Als junge Männer die Leiche bergen wollten, wurden auch sie beschossen, ein Bulldozer brachte sich in Stellung. Ein im Internet vielfach geteiltes Video zeigt, was daraufhin geschah: Unter Geleitschutz eines Panzers versucht der Fahrer der Baumaschine, die Leiche des Getöteten mit der Schaufel aufzunehmen, was erst nach mehreren Versuchen gelingt. Dann kehrt der Bulldozer mit dem Toten auf die israelische Seite des Grenzzauns zurück.

Während Israels Verteidigungsminister Naftali Bennett das Vorgehen der Armee verteidigte und auch im eigenen Land geäußerte Kritik als "heuchlerisch" abtat, schwor der Islamische Dschihad Rache und kündigte an, "das Blut des Märtyrers durch Feuer auf Tel Aviv zu rächen".

Israel warb wohl in Katar um Gelder für die Regierung in Gaza

Am Sonntagabend wurden Raketen auf Israel gefeuert. In südlichen israelischen Gemeinden und der Küstenstadt Aschkelon heulten die Sirenen. Zuletzt war der Konflikt zwischen der Miliz und Israel im September 2019 eskaliert, nach der gezielten Tötung eines Kommandanten der Terrorgruppe antwortete diese mit einem Raketenhagel. Die Auseinandersetzungen von Sonntag kamen zu einem heiklen Zeitpunkt: Israel steht vor der dritten Parlamentswahl binnen zwölf Monaten, im Wahlkampffinale vor der Abstimmung am 2. März versuchen manche Kandidaten, sich mit harten Haltungen gegenüber Gaza zu übertrumpfen. Dabei spricht die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu derzeit mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas über einen dauerhaften Waffenstillstand - und greift dabei zu unkonventionellen Mitteln: Wie Ex-Verteidigungsminister Avigdor Liebermann am Samstag sagte, reiste Israels Geheimdienstchef Anfang Februar nach Katar, um dort für eine weitere Finanzierung der Regierung in Gaza zu werben. Israel scheint die Hamas im Vergleich zu noch radikaleren Gruppen als stabilisierenden Faktor zu sehen.

© SZ vom 24.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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