Israel:Geteilte Stadt

Ostjerusalem soll abgeriegelt werden. Das hilft wenig.

Von Peter Münch

Zu den ehernen Gesetzen Israels gehört jener Paragraf, der Jerusalem als die "auf ewig ungeteilte Hauptstadt" des jüdischen Staats definiert. Die Palästinenser dagegen fordern die Teilung der Stadt, deren arabischen Ostteil sie zur Kapitale ihres künftigen Staats machen wollen. Darüber tobt der Streit seit Jahrzehnten - und plötzlich wird Jerusalem doch geteilt, allerdings ganz anders, als es sich die Palästinenser wünschen.

Bewegungsfreiheit gibt es im Westen und überall dort, wo die jüdische Bevölkerung lebt. Abriegelung dagegen droht in den arabischen Vierteln. Damit haben Israels Sicherheitskräfte am Mittwoch begonnen, um die Welle der Gewalt einzudämmen, die das Land derzeit in Angst hält. Als kollektive Strafe sollen die Palästinenser von den Juden ferngehalten werden, damit endlich wieder Ruhe einkehrt.

Gewiss kann es niemand der israelischen Regierung verdenken, dass sie mit allen möglichen Mitteln ihre Bevölkerung vor Messerattacken und sonstigen heimtückischen Angriffen schützen will. Doch diese Maßnahme erscheint nicht nur unpraktikabel, weil im unübersichtlichen Gewirr der Stadt mit noch so starken Sicherheitskräften nicht jede Straße und jeder Schleichweg kontrolliert werden kann. Sie droht auch kontraproduktiv zu wirken, denn eine solche Abriegelung dürfte die Wut aufseiten der Palästinenser noch steigern. Dialog statt Trennung - das wäre sicher der bessere Weg.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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