Israel:Geschichtsignoranz

Warum der Schulterschluss mit den Visegrad-Staaten scheiterte.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Wenn es ihm nützt, dann sieht Benjamin Netanjahu über antisemitische Untertöne oder eine geschichtsklitternde Politik hinweg: egal, ob der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán den Hitler-Verbündeten Miklós Horthy preist oder die Regierung in Warschau ein Gesetz erlässt, das es unter Strafe stellt, wenn Polen eine Mitschuld am Holocaust zugeschrieben wird.

Netanjahu geht es um Realpolitik und um das Schmieden von Allianzen, dem ordnet er alles unter. Das Gipfeltreffen mit den Visegrád-Staaten am Dienstag in Jerusalem sollte eine Signalwirkung haben: im israelischen Wahlkampf, aber auch Richtung EU. Denn Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei stellten sich wiederholt gegen Beschlüsse der EU, die Israel wegen dessen Haltung gegenüber den Palästinensern kritisierten. Solche Partner wünscht sich Netanjahu und treibt damit bewusst einen Keil in die EU.

Just sein neu ernannter Außenminister Israel Katz hat nun jedoch die Absage des Treffens mit der Wiederholung eines Zitats bewirkt, die Polen würden Antisemitismus mit der Muttermilch aufsaugen. Netanjahus Parteifreund hat dafür zu Hause viel Beifall bekommen. Das ist ein Signal an Netanjahu, dass die Israelis nicht bereit sind, Geschichtsignoranz zu akzeptieren, wenn es politisch opportun erscheint.

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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