Israel:"Dann ist jeder da"

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Verstärkung ist angerückt: Israelische Soldaten am Mittwoch in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen. (Foto: Amir Cohen/Reuters)

Sderot liegt nicht weit vom Gazastreifen entfernt. Wie sich die Einsatzkräfte in der Stadt mit 25 000 Einwohnern auf die brisante Lage einstellen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Sderot

Auf einer Wiese nahe des Gazastreifens stehen Dutzende Panzer der israelischen Armee. Sie wurden in den vergangenen zwei Tagen aus anderen Teilen des Landes hierhergebracht, rund 2000 Soldaten wurden zusätzlich in die Region verlegt. Armee, Polizei und Rettungskräfte bereiten sich auf einen möglichen größeren Militäreinsatz in und um den Gazastreifen vor - offiziell bestätigt wird dies nicht.

"Zuerst zeige ich Ihnen den Schutzraum" - ehe Rafi Herbst bereit ist, über die Vorbereitungen der Rettungsorganisation Magen David Adom auf einen möglichen Krieg zu sprechen, weist er den Weg zum Bunker. "Wenn es losgeht, hierhin laufen", lautet der Rat des 39-Jährigen. Hier in Sderot, das nur wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt, bleiben nach dem Alarm 15 Sekunden, ehe eine Rakete einschlagen kann. Sderot mit rund 25 000 Einwohnern gilt als die Stadt mit den meisten Luftschutzbunkern weltweit.

Es stehen auch gepanzerte Fahrzeuge bereit, und jede Ambulanz hat kugelsichere Westen an Bord. Wenn etwas passiert, dann sind die Rettungskräfte in Sderot binnen weniger Minuten da. In Zeiten wie diesen mit höchster Alarmbereitschaft sind nicht nur vor dem Hauptgebäude die Rettungsfahrzeuge fahrbereit. In der ganzen Stadt sind Ambulanzen verteilt, um Fahrzeiten zu einem Unglücksort zu verkürzen. Freiwillige Helfer erhalten per Handy die Information, wo sich die nächste Ambulanz befindet, die sie ansteuern sollen.

Die Frage, ob angesichts der Lage rund um den Gazastreifen mehr Freiwillige aktiviert wurden, verneint Herbst: "Wenn etwas eskaliert, dann ist jeder da." Rund 200 Rettungskräfte seien einsatzbereit. "Unser Motto ist: ,Bete für das Beste und bereite Dich auf das Schlechteste vor!' Wir haben keine Erwartungshaltung, denn die Realität übertrifft das Vorstellbare oft."

Auch Inbal Kalimi steht bereit. Die 40-Jährige arbeitet seit zwei Jahren hauptberuflich bei der Rettungsorganisation. Wenn sie zu einem Einsatz gerufen wird, dann lässt die alleinerziehende Mutter ihre Kinder im Alter von sieben, elf und vierzehn Jahren im Schutzraum zurück. "Das ist hart. Aber ich weiß, dass ich im Job gebraucht werde und Leben retten kann."

Auch bei der Polizei herrscht höchste Alarmbereitschaft. Die Einsatzkräfte wurden aufgestockt, rund 3000 Polizisten sind in der Region im Einsatz. Außerdem wurden zusätzliche Polizisten abgestellt, die bei Alarm den Weg zum nächstgelegenen Bunker weisen. "Um sicherzustellen, dass die Zivilbevölkerung rasch in Sicherheit gebracht wird. Wir arbeiten eng mit den Verwaltungen der Gemeinden und Städte zusammen", erklärt Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Er stellt auch streng die Frage, ob man denn wisse, wo Gaza liege: Denn das sei die Richtung, aus der die Raketen kämen, und man müsse dann notfalls hinter einem Auto oder einer Mauer Schutz suchen.

Shlomo Moskowitch und seine zwei Söhne haben es am Dienstagabend in den Schutzraum geschafft. "Dann hörten wir einen lauten Knall, und das Haus wurde erschüttert." Eine Kassam-Rakete schlug im ersten Stock ihres Hauses in Sderot ein und riss ein etwa ein Quadratmeter großes Loch in Dach und Mauer. Die Rakete landete auf dem Boden des Arbeitszimmers, sie explodierte aber nicht. "Wenn sie detoniert wäre, dann wäre vom Haus nicht mehr viel übrig geblieben", sagt Polizeisprecher Rosenfeld.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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