Isra al-Mudallal:Weibliches Antlitz der Hamas

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Erste Sprecherin der Hamas: Isra al-Mudallal (Foto: AFP)

Die palästinensische Hamas versucht eine Imagekorrektur und präsentiert mit Isra al-Mudallal erstmals eine Frau auf dem Posten des Regierungssprechers. Sie hat einen Twitter-Account, einen breiten englischen Bradford-Akzent und eigentlich eine ganz andere Leidenschaft als die Politik.

Von Peter Münch

Sie ist jung und hübsch und eloquent. Im Reich der Hamas sind das nicht unbedingt die Attribute, die eine Karriere befördern. Dennoch haben die Herrscher des Gazastreifens Isra al-Mudallal nun zur Regierungssprecherin erkoren. Natürlich ist sie die erste Frau auf diesem Posten. Doch bei ihrer Berufung dürfte es den Vollbart-Predigern weniger um die Gender-Gerechtigkeit gegangen sein als vielmehr um eine Imagekorrektur: Präsentiert wird der Welt ein Islamismus mit weiblichem Antlitz.

Ihre Aufgabe als neues Gesicht der Hamas geht die 23-Jährige mit einigem Selbstbewusstsein an. "Ich will ein anderes Bild von Gaza vermitteln", sagt sie, "ich will zeigen, dass es möglich ist, zugleich religiös und modern zu sein." Einen Twitter-Account hat sie schon eröffnet, "noch heute mache ich den Facebook-Auftritt fertig", verspricht sie. Das sind durchaus neue Verbreitungswege für Botschaften aus Gaza, die bislang gar nicht so selten mit Raketen und Granaten übermittelt werden.

Den Umgang mit den internationalen Medien erleichtert ihr ein exzellentes Englisch - mit breitem Bradford-Akzent, weil sie dort vier Jahre lang zur Schule ging, während ihr Vater in Politikwissenschaften promovierte. Die Zeit in Großbritannien ist für sie "das Beste gewesen, was ich in meinem Leben gemacht habe". Die Rückkehr in den Gazastreifen 2004 war gewiss nicht einfach. "Das war eine große Veränderung", sagt sie, "vor allem, weil ich eigene Ideen hatte." Doch weil sie aus einer ebenso gebildeten wie angesehenen Familie stammt, konnte sie auch unter der strengen Herrschaft der Hamas einiges verwirklichen von diesen Ideen: An der Islamischen Universität hat sie Medienwissenschaften studiert und schließlich bei einem lokalen Fernsehsender moderiert. "Da hatte ich meine Zuschauer und wurde eine bekannte Person in Gaza", sagt sie.

Offenbar ist sie dabei auch den Granden der Regierung aufgefallen. Denn beworben hat sie sich nicht um den Sprecherposten, sie wurde gefragt, obwohl sie selbst ebenso wenig wie der Rest ihrer Familie zur Hamas gehört. Eltern, Geschwister und Freunde haben ihr "viel Glück" gewünscht, sie selbst gelobt, nun hart zu arbeiten angesichts einer "großen Verantwortung". Verbiegen lassen aber will sie sich nicht auf ihrem Sprachrohrposten. "Wenn ich an etwas glaube, vertrete ich das auch", erklärt sie, "wenn nicht, dann soll besser ein anderer dazu sprechen."

Der Job, das weiß sie gut, gleicht einem Minenfeld, schließlich gibt es in Gaza nicht nur den Konflikt zwischen der Hamas und Israel, sondern auch noch den palästinensischen Bruderkampf mit der Fatah. Konzentrieren möchte sie sich in ihrer Arbeit daher vor allem auf humanitäre Fragen und auf die Menschenrechte. Und wenn ihr noch ein wenig Zeit bleibt nebenher, dann würde sie sehr gern weiterarbeiten an einem Roman, den sie begonnen hat. "Ich habe eine große Liebe für die Literatur", bekennt Isra al-Mudallal, "und nicht so sehr für die Politik."

© SZ vom 09.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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