Iran:Uran in der Teppichreinigung

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Netanjahu bringt Irans Regime in Erklärungsnot: Inspekteure der internationalen Atomenergie­behörde finden in einer Lagerhalle bei Teheran Spuren von radioaktivem Material.

Von Paul-Anton Krüger, München

Im Streit um das iranische Atomprogramm gerät die Regierung in Teheran auch wegen Geheimdienstinformationen aus Israel in die Defensive. Der Interimschef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Cornel Feruta, verlangte von Iran, Fragen der Inspektoren zu beantworten. Sie hatten in einer Lagerhalle in einem Außenbezirk von Teheran Spuren von Uran nachgewiesen. Iran hatte das Gebäude als Teppichreinigung bezeichnet. Israels Premier Benjamin Netanjahu dagegen hatte von einem "nuklearen Lagerhaus" gesprochen, in dem Ausrüstung aus dem geheimen iranischen Atomwaffenprogramm eingelagert worden sei. Iran ist unabhängig von dem 2015 geschlossenen Atomabkommen gegenüber der IAEA verpflichtet, alles im Land befindliche Uran und alle Atomanlagen zu deklarieren.

Netanjahu erhob am Montag neue Vorwürfe. Er zeigte Satellitenbilder einer Einrichtung nahe dem iranischen Ort Abadeh, der etwa auf halbem Weg zwischen den Städten Isfahan und Schiraz liegt. Netanjahu beschuldigte Iran, dort Versuche zur Entwicklung von Atomwaffen vorgenommen zu haben. Die Einrichtung sei im Sommer zerstört worden, nachdem Iran herausgefunden habe, dass sie aufgeflogen sei. Irans Außenminister Mohammad Jawad Zarif wies die Anschuldigungen zurück und warf Netanjahu vor, einen Krieg gegen Iran anzetteln zu wollen.

Israelische Agenten haben das Material in Iran entwendet

Israelische Agenten waren nach Darstellung der Regierung im Januar 2018 in Teheran in eine Lagerhalle eingebrochen und hatten aus Tresoren dort umfangreiches Material über das iranische Atomprogramm entwendet. Kurz bevor US-Präsident Donald Trump seine Entscheidung bekannt gab, sich aus dem Atomabkommen zurückzuziehen, machte Netanjahu dies öffentlich. Eine Kopie des Materials hat Israel der IAEA übergeben. Im September hatte er vor den UN dann Informationen zu dem Lagerhaus enthüllt, in dem die IAEA nun Uranspuren nachgewiesen hat. Netanjahus jüngster Auftritt wurde in Israel als innenpolitisch motiviertes Manöver gewertet. In der kommenden Woche gibt es Neuwahlen, nachdem es Netanjahu nicht gelungen war, eine Koalition zu bilden.

Israel und die USA erhöhen den Druck auf die IAEA, den Informationen nachzugehen - wenn sich der Verdacht erhärtet, würde dies auch die Europäer unter Zugzwang setzen, die weiter am Atomabkommen festhalten. Der langjährige IAEA-Chef Yukiya Amano war Mitte Juli gestorben. Sein Nachfolger soll bis Jahresende gewählt werden. Vier Kandidaten bewerben sich um das Amt und müssen unter den 35 im Gouverneursrat vertretenen Staaten eine Zweidrittelmehrheit erhalten. Neben Feruta, der von Rumänien nominiert wurde, bewerben sich der argentinische Diplomat Rafael Mariano Grossi, der Leiter der Organisation des Atomteststopp-Vertrages, Lassina Zerbo aus Burkina Faso, und die Slowakin Marta Žiaková.

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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