Iran:Teheran in Erklärungsnot

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Inspektoren haben in einem Randbezirk von Teheran Spuren von Uran nachgewiesen. Der Fund könnte den Atomstreit weiter verschärfen. Zweifel wachsen, ob das Atomabkommen noch zu retten ist.

Von Paul-Anton Krüger, München

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien verlangt von Iran Aufklärung über ein Lagerhaus in einem Randbezirk von Teheran. Inspektoren hatten dort Spuren von menschengemachtem Uran nachgewiesen, das allerdings nicht angereichert war. Die Sicherungsvereinbarung zwischen Iran und der IAEA schreibt vor, dass Iran alle Orte deklarieren muss, an denen mit spaltbarem Material hantiert wird. "Wir haben unseren Dialog fortgesetzt, aber wir haben noch keine zusätzlichen Informationen erhalten, und der Vorfall bleibt weiter ungeklärt", sagte der amtierende IAEA-Generaldirektor Cornel Feruta am Donnerstag vor dem Gouverneursrat, dem höchsten Entscheidungsgremium der Behörde. Er kündigte an, kommende Woche seinen Chefinspektor zu Gesprächen nach Teheran zu entsenden.

Der Uran-Fund bringt das Regime in Erklärungsnot und könnte zu einer deutlichen Verschärfung des Atomstreits mit Iran führen. Die IAEA war auf das Gebäude aufmerksam geworden, nachdem der israelische Geheimdienst Mossad bei einer Operation in Iran Dokumente über das militärische Atomprogramm der Islamischen Republik außer Landes gebracht hatte. Israel stellte der IAEA die Dokumente zur Verfügung, die sie noch auswertet.

Nach iranischen Angaben beherbergte das Gebäude im Bezirk Turquzabad eine Teppichwäscherei. Nach israelischen Angaben lagerte Iran dort Ausrüstungsgegenstände aus dem militärischen Atomprogramm ein, nachdem die Führung in Teheran beschlossen hatte, dieses einzumotten. Diplomaten sagen, die bisherigen Erklärungsversuche Irans deckten sich nicht mit den Analysen der IAEA. Dem Vernehmen nach hat Iran angegeben, die Spuren stammten von einst dort eingelagerten Maschinen aus der Uran-Mine Gchine. Allerdings ist das Uran laut Diplomaten weiter verarbeitet und in einer Form, wie es nicht in Uranminen vorkommt.

Die Tatsache, dass Teheran bisher keine schlüssige Erklärung geliefert hat, nährt die Zweifel daran, dass das am Rande des Scheiterns stehende Atomabkommen noch zu retten ist. Die EU-Staaten erklärten, Irans Verhalten stehe "klar im Widerspruch" zu den Verpflichtungen des Atomabkommens, bezog sich damit aber auch darauf, dass Iran inzwischen eine Reihe von Begrenzungen aus dem Vertrag nicht mehr einhält. Iran rechtfertigt dies als vom Abkommen gedeckte Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Sanktionen. Der Gouverneursrat der IAEA kann unabhängig von dem Abkommen Verstöße gegen das Sicherungsabkommen zwischen Iran und der Behörde an den UN-Sicherheitsrat verweisen, was Iran vermeiden will.

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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