Iran:Kritische Anwältin in Haft

Die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Nach Aussage ihres Mannes ist sie in Abwesenheit verurteilt worden. Das Gefängnis, in dem Sotudeh nun ihre Strafe verbüßen muss, ist wegen Folter berüchtigt.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh ist wieder in Haft. Wie ihr Mann Reza Khandan der halbamtlichen Nachrichtenagentur Isna sagte, wurde sie am Mittwoch verhaftet, um eine fünfjährige Haftstrafe im berüchtigten Evin-Gefängnis anzutreten, zu der sie in Abwesenheit verurteilt worden sei, ohne dass ihr zuvor das Urteil mitgeteilt oder der Spruch öffentlich gemacht wurde. Die Trägerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit 2012 hat unter anderem Oppositionsaktivisten verteidigt sowie Frauen, die gegen den Kopftuchzwang protestiert hatten. Im November 2017 war die 55-Jährige nach eigenen Angaben von einem Revolutionsgericht in Evin vorgeladen worden. Sie weigerte sich zu erscheinen, weil sie nach eigenen Worten keinen fairen Prozess erwarten konnte. Auch damals hatte ihr die Justiz nicht mitgeteilt, was ihr vorgeworfen wird. Sotudeh war 2010 wegen angeblicher Propaganda gegen das Establishment zu elf Jahren Haft verurteilt worden, später wurde die Strafe auf sechs Jahre reduziert. Nach der Wahl von Hassan Rohani zum Präsidenten wurde sie im September 2013 vorzeitig aus der Haft entlassen, auch ihr Arbeitsverbot wurde aufgehoben. Im Evin-Gefängnis sind in den vergangenen Monaten mehrere Dissidenten unter unklaren Umständen gestorben. Während das Regime Selbstmord oder gesundheitliche Probleme als Todesursache angab, vermuten Angehörige, dass die Häftlinge durch Folter ums Leben gekommen sind.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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