Interview:"Wir garantieren für ihre Sicherheit"

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Aserbaidschan will die Armenier in Bergkarabach schützen.

Von Tomas Avenarius

SZ: Herr Hacıyev, falls Ihre Truppen Bergkarabach wirklich erobern sollten, wie wollen Sie verhindern, dass es zu Massakern und Vertreibung kommt? Die Armenier fürchten, dass Aserbaidschan den im Ersten Weltkrieg vom Osmanischen Reich begangenen Völkermord nun fortsetzen wird.

Hikmet Hacıyev: Die Armenier schüren gezielt Panik. Ethnische Säuberungen? Die Armenier haben 1994 alle Aserbaidschaner aus Bergkarabach und den sieben zusätzlich eroberten Bezirken vertrieben. Jetzt stellen die Armenier sich vorab als die Verfolgten dar, obwohl sie selbst solche Verbrechen begangen haben.

Massaker gab es im ersten Karabach-Krieg auf beiden Seiten. Ist ein Zusammenleben von Aserbaidschanern und Armeniern nach diesen Kriegen überhaupt noch vorstellbar?

Ja. Aserbaidschan bestreitet nicht das Recht der armenischen Bevölkerung von Bergkarabach, dort zu leben. Allerdings werden sie dann Staatsangehörige Aserbaidschans sein. Gleichzeitig darf niemand mehr das Recht der 1994 vertriebenen Aserbaidschaner bestreiten, in ihre Heimat zurückzukehren.

Die Gefahr von Massakern und Vertreibung bleibt doch.

Nein, weil wir das nicht zulassen werden. Es kann Einzelfälle geben, das kann man nie ausschließen. Aber für uns kann das niemals staatliche Politik sein. Wir garantieren Sicherheit und Würde aller Bevölkerungsgruppen. Wir wissen aber auch, dass die ethnische Versöhnung dauern wird und schwierig wird. Für beide Seiten.

Die aserbaidschanischen Flüchtlinge warten seit fast 30 Jahren darauf, zurückzukehren. Wie will man sie nach einem Sieg aufhalten?

Wenn unsere besetzten Gebiete befreit sind, heißt das nicht, dass wir alle Vertriebenen sofort zurückkehren lassen. Wir müssen die Kriegsschäden beheben, die Infrastruktur instand setzen. Diese Gebiete sind völlig zerstört und menschenleer, Armenien hat eine Politik verbrannter Erde verfolgt. Um Rückkehr kann es erst nach dem Wiederaufbau gehen. Kontrolliert und schrittweise.

Kontrolliert? Wie wollen Sie das anstellen? Es geht um Hunderttausende Flüchtlinge.

Die meisten - 800 000 - stammen nicht aus Bergkarabach, sondern aus den Flachlandbezirken, die noch armenisch besetzt sind oder es waren. Ihre Rückkehr betrifft die Armenier also nicht. Aus Bergkarabach selbst stammen nur 80 000 Personen.

Irgendwann werden Sie diese 80 000 aber gehen lassen. Was geschieht dann mit den Armeniern in Bergkarabach?

Wir garantieren für ihre Sicherheit und Würde. Aber einfach wird das natürlich nicht.

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