Das Internet hat der Demokratie die absolute Erinnerung beschert, und die kann unangenehm für den Einzelnen sein. Einmal veröffentlichte Informationen sind für unabsehbare Zeit auffindbar, das stellt Googles Suchalgorithmus sicher. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs macht die Lage für Betroffene, die auf das neue "Recht auf Vergessenwerden" bauten, härter. Links zu unangenehmen Informationen soll Google nicht einfach auf Antrag löschen müssen.
Denn es gibt noch einen anderen Wert, der mit der Hoffnung auf die zweite Chance kollidiert: die Freiheit der Information. Die haben die Richter in ihrer Entscheidung betont: Es könne nicht sein, dass Zeitungsartikel unauffindbar gemacht würden, in denen die Wahrheit steht. Die Demokratie braucht das Netz als wachsendes Archiv. Deshalb ist es gut, dass die Richter die Meinungsfreiheit betont haben - auch wenn sie damit dem Quasi-Monopolisten Google einen Gefallen tun.
Trotzdem ist die Entscheidung kein Freibrief für Verleumdung. EU-Richter eine Ebene weiter oben müssen nun klären, wer denn feststellen soll, ob auf einer Webseite gelogen wurde oder nicht. Die Suchmaschine selbst mit der Faktenprüfung zu beauftragen, ist so riskant, wie es wenig praktikabel ist. Google als Wahrheitsministerium? Es muss ja nicht jede Dystopie wahr werden.