Integration:Verbessern bis die Funken fliegen

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Aus Worten Sätze machen und auf den Buzzer drücken: Deutschunterricht für Flüchtlingskinder in einer Münchner Mittelschule. (Foto: Florian Peljak)

Eine Expertenkommission soll den Stand der Integration analysieren und dann der Bundesregierung neue Standards vorschlagen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Ausbrechen aus immer gleichen Denkmustern der Migrationspolitik, auch mal die Perspektive des Gegenübers einnehmen und statt Papierbergen lieber ein paar handfeste Ideen für die Politik produzieren - so etwa muss man sich das Aufgabenfeld der neuen "Fachkommission zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit" vorstellen. Am Mittwoch trat das Gremium zum ersten Mal in Berlin zusammen. Experten aus Bundes- und Kommunalpolitik, Wissenschaft und Praxis wollen die Bedingungen von Integration in Deutschland untersuchen und der Bundesregierung Standards zur Verbesserung vorschlagen.

"Wir haben in der Integrationspolitik in den letzten Jahren viel erreicht", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU). "Hier wurde Enormes geleistet." Es sei aber auch kein Geheimnis, dass Integration in Deutschland "noch lange kein Selbstläufer" sei. "Vielfalt führt immer auch zu Spannungen, sei es am Arbeitsplatz, in der Schule oder in der Nachbarschaft", so Widmann-Mauz weiter. "Wenn wir am Ende wollen, dass Vielfalt gelingt, müssen wir Integration gestalten." Dazu gehöre es, klar zu sagen, was von Zuwanderern erwartet werde. Es müssten aber auch Strukturen geschaffen werden, die "ein gedeihliches Zusammenleben" ermöglichten.

Die Fachkommission wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Ihr gehören neben Widmann-Mauz auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Berliner Abgeordnete Derya Çağlar (SPD), der Bonner Oberbürgermeisters Ashok-Alexander Sridharan (CDU), die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU), der Migrationsforscher Haci-Halil Uslucan sowie weitere Experten aus Wissenschaft und Stiftungen an.

Ziel der Kommission sei es nicht, "dass wir einen schönen Bericht abheften können", sagte Arbeitsminister Heil. Vielmehr hoffe er, dass es gelingen werde, nach zahlreichen öffentlichen Debatten über Migration nun ein "realistisches Lagebild" zu erstellen. Durch die interdisziplinäre Zusammensetzung der Kommission und unterschiedliche berufliche und biografische Erfahrungen könnten hier vertraute Denkmuster und Stereotypen aufgebrochen werden. Ohne Reibung und Konflikte gehe das nicht. "Insofern werden sicher auch Funken fliegen." Im Übrigen sei das Motto: "Raus aus den Schützengräben."

Innenstaatssekretär Markus Kerber betonte, die Kommunikation über Migranten leide darunter, dass sie nicht alle als Flüchtlinge bezeichnet werden könnten. Viele hätten keinen Flüchtlingsstatus. Berücksichtigt werden müsse auch die Aufnahmebereitschaft der "Altsassen" im Land, die Perspektive der vor Jahrzehnten Eingewanderten oder der EU-Ausländer.

"Verständnis für Integration kann es nur geben, wenn es keine Verdrängung gibt", sagte die SPD-Politikerin Derya Çağlar aus Berlin-Neukölln. Sie will das Augenmerk auf Themen wie die Wohnungsnot in Metropolen lenken, aber auch auf Konkurrenzen in der Arbeitswelt. Bis Mitte 2020 will die Kommission Ergebnisse vorlegen.

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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