Integration:Die ersten Meter eines Marathons

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OECD: Bei der Einbindung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist noch einiges zu tun.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Viele Unternehmen in Deutschland machen gute Erfahrungen mit Flüchtlingen. Dies geht aus einer Umfrage der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bei 2200 nicht repräsentativ ausgewählten Arbeitgebern hervor. Danach waren 80 Prozent der Firmen, die bereits Flüchtlinge beschäftigt haben, mit deren Arbeitsleistungen zufrieden. 85 Prozent erlebten "nur wenige oder keine Schwierigkeiten mit Asylbewerbern und Flüchtlingen im Arbeitsalltag" ( Grafik).

Allerdings hadern die Arbeitgeber oft mit den Deutschkenntnissen der Geflüchteten. 62 Prozent berichteten hier von erheblichen Problemen. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Unternehmen mehr als nur ein paar Brocken Deutsch erwarten: Etwa die Hälfte wünscht sich bereits bei Jobs für gering Qualifizierte gute Deutschkenntnisse. Bei Facharbeitern steigt dieser Wert sogar auf 90 Prozent.

Die OECD, ein Zusammenschluss von 35 Industriestaaten, stellte der Bundesregierung in ihrer Studie überwiegend gute Noten für die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt aus. Die Organisation spricht sich aber dafür aus, die Geflüchteten stärker nach den Arbeitslosenquoten zu verteilen, so dass sie bessere Chancen auf einen Job haben. Bislang haben der Umfrage zufolge zwei von drei Flüchtlingen eine Arbeit bekommen, die für niedrig Qualifizierte gedacht ist.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte, Deutschland sei bei der Integration der Geflüchteten erst am Anfang. 400 000 bezögen mittlerweile Hartz IV, und jeden Monat kämen neue dazu. Es sei wichtig, diese Menschen weiterzubilden und ihnen einen Job zu verschaffen, um den "Populisten das Wasser abzugraben". Diese seien darauf angewiesen, dass die Probleme noch größer werden. "Sie ziehen aus der Unsicherheit ihre Kraft", sagte Nahles.

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, verglich die Integration mit einem "Marathon". Zugleich forderte er eine Schulpflicht für Flüchtlingskinder bereits nach drei Monaten. Junge Flüchtlinge sollten das Recht bekommen, Schulen auch nach Ablauf der Schulpflicht und nach der Volljährigkeit besuchen zu dürfen. Kramer plädierte außerdem dafür, die Vorrangprüfung flächendeckend wegfallen zu lassen. Derzeit prüft die Bundesagentur für Arbeit noch in 23 von 156 Bezirken, ob sich eine offene Stelle zunächst von einem Deutschen oder einem EU-Bürger besetzen lässt. Ist dies nicht der Fall, darf sie ein geduldeter Flüchtling oder Asylbewerber annehmen.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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