Insolvente Fluggesellschaft:Plan für Air Berlin stößt auf Widerstand

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Kartellwächter in Berlin und Brüssel wollen die Übernahme durch die Lufthansa prüfen. Der Konkurrent Ryanair kritisiert die Bundesregierung, Kanzlerin Merkel verteidigt den Notkredit.

Von Markus Balser und Alexander Mühlauer, Berlin/Brüssel

Die geplante Übernahme von Teilen der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin durch die Lufthansa stößt auf Widerstand. Konkurrenten meldeten Beschwerden an. Auch Kartellbehörden signalisieren Bedenken angesichts einer immer stärkeren Machtkonzentration im milliardenschweren Fluggeschäft. Bislang sei zwar keine Übernahme angemeldet, sagte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch. "Klar ist aber, dass man sich das als Wettbewerbsbehörde gegebenenfalls sehr genau ansehen muss." Die Lufthansa hatte Interesse an Teilen von Air Berlin bestätigt. Für Kunden könnte das allerdings teuer werden. Mit dem Aus von Air Berlin verlöre sie ihren letzten großen deutschen Konkurrenten. Sichert sich die Nummer eins nun auch noch Start- und Landerechte von Air Berlin, könne die wachsende Marktmacht bei den Inlandsflügen zu steigenden Ticketpreisen führen, fürchten Verbraucherschützer.

Der irische Billigflieger Ryanair wittert bei der Insolvenz von Air Berlin gar ein "Komplott" zwischen der Bundesregierung und deutschen Fluggesellschaften. Nach eigenen Angaben reichten die Iren deshalb beim Bundeskartellamt und bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerden gegen eine mögliche Übernahme ein. "Diese künstlich erzeugte Insolvenz ist offensichtlich aufgesetzt worden, damit Lufthansa eine schuldenfreie Air Berlin übernehmen kann und dies widerspricht sämtlichen Wettbewerbsregeln von Deutschland und der EU", erklärte der Billigflieger. Der Einspruch von Ryanair wird jedoch nicht verhindern, dass die Fluggesellschaft vorerst weiterfliegt. "Beschwerden von Wettbewerbern haben keine aufschiebende Wirkung", sagte eine Sprecherin der Kommission. Die Anfrage von Ryanair werde eingehend untersucht.

Die Behörde prüft außerdem den 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes an Air Berlin. Die deutschen Behörden hätten die Kommission frühzeitig informiert, hieß es in Brüssel. "Wir sind zuversichtlich, dass Lösungen im Rahmen des EU-Rechts gefunden werden können", sagte eine Kommissionssprecherin. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass die Darlehen rechtskonform sind.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den Staatskredit. Zehntausende Reisende im Stich zu lassen, "weil Benzin nicht bezahlt werden kann und die Tickets verfallen, das wäre, glaube ich, nicht angemessen gewesen", sagte Merkel in einer Fragerunde auf Youtube. Sie erwarte nicht, dass der Steuerzahler am Ende die Rettung des Unternehmens bezahlen müsse. Die Bundesregierung habe sich die Entscheidung für den Übergangskredit "sehr gut überlegt", sagte Merkel.

Die Zeit bei der Rettung von Air Berlin drängt. Denn ob die Fluggesellschaft ihren Betrieb wie von der Politik erwartet mithilfe des Staatskredits bis Ende November aufrechterhalten kann, hänge von der Buchungslage ab, sagte ein Insider. Breche das Geschäft wegen der Pleite in den nächsten Wochen ein, sei es möglich, dass man früher den Gürtel enger schnallen müsse.

© SZ vom 17.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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