Flüchtlings-Unterbringung :Stübgen kritisch bei Bürgerbegehren

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Michael Stübgen (CDU), Innenminister Brandenburg. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Viele Kommunen suchen nach neuen Quartieren für Flüchtlinge. Auch in Prenzlau ist eine neue Unterkunft geplant. Es gibt Protest, ein Bürgerentscheid ist wahrscheinlich. Der Innenminister hat kein Verständnis.

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Prenzlau (dpa) - Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sieht die Möglichkeit von Bürgerbegehren aus Protest gegen Flüchtlings-Einrichtungen in Kommunen problematisch. „Ich halte es für kritisch, dass es überhaupt möglich ist“, sagte er am Donnerstag in Prenzlau. Denn die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften sei eine „Pflichtaufgabe nach Weisung“ und keine freie Entscheidung der Landkreise.

Die AfD initiierte in Prenzlau ein - nach der Kommunalverfassung zulässiges - Bürgerbegehren gegen eine geplante neue Flüchtlings-Erstaufnahme in einem Gewerbegebiet. Eine Entscheidung, ob es dann zum Bürgerentscheid kommt, steht nach der Prüfung von Unterlagen am 27. September an. Innenminister Stübgen hatte mit Bürgermeistern, Amtsdirektoren und der Landrätin des Kreises Uckermark, Karina Dörk (CDU), am Donnerstag über die Migrationspolitik diskutiert.

„Es wird wahrscheinlich zum Bürgerentscheid kommen. Nach Recht und Gesetz wird es wahrscheinlich stattfinden“, sagte Stübgen. Aber die Landkreise müssten eine Unterbringung einer bestimmten Zahl von Flüchtlingen eben garantieren - das infrage zu stellen, sei problematisch. Für das Bürgerbegehren sind 15.577 Unterschriften im Kreis Uckermark mit rund 117.000 Einwohnern zusammen gekommen und damit mehr als erforderlich sind.

Der Kreistag hatte im April für eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für 300 Geflüchtete in einem leer stehenden Bürogebäude in einem Gewerbegebiet in Prenzlau gestimmt, was zu Protesten in der Stadt führte. Auch Prenzlaus Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) äußerte Bedenken. Ein Bürgerentscheid hat das Ziel, den Kreistags-Beschluss kippen.

Nun soll angesichts der Streits auch nach einem Kompromiss gesucht werden. Es würden verschiedene mögliche Varianten diskutiert, „dass man das so lösen kann, dass dieser Bürgerentscheid überflüssig wird“, sagte Stübgen. Details nannte er am Donnerstag nicht.

Im Gespräch ist in Prenzlau auch eine alte Kaserne zur Schaffung neuer Plätze zur Flüchtlingsaufnahme. Landrätin Karina Dörk sagte, es müsse alles getan werden, damit eine Unterbringung in Turnhallen - wie es etwa in Schwedt der Fall ist - verhindert werde. Der Staatssekretär im Sozialministerium, Michael Ranft, sagte, Turnhallen seien nur die „ultima ratio“.

Der Kreis Uckermark hat in diesem Jahr bis Ende Juli 567 Geflüchtete aufgenommen, die Prognose geht für dieses Jahr von einem Soll von 1411 aus.

Der Innenminister betonte erneut, dass die Kommunen durch die Flüchtlingsaufnahme stark belastet seien. „Wir sind in einer Flüchtlingskrise“, sagte er. Die Flüchtlinge kamen über die Belarus-Route, „die durch Moskau bewusst forciert“ werde, aber auch über die Balkan-Route. „Die Schlepper-Organisationen sind hervorragend organisiert“, sagte Stübgen. Er forderte erneut stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen wie es seit 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich der Fall ist. Die Bundespolizei registrierte einen starken Anstieg illegaler Flüchtlinge an der deutsch-polnischen Grenze.

In diesem Jahr wurden in Brandenburg nach Angaben des Innenministeriums (Angabe aus Juli) bisher fast 10.000 Geflüchtete aufgenommen worden. Dabei handle es sich um rund 3000 Flüchtlinge aus der Ukraine, die zum größten Teil direkt in Städten und Gemeinden aufgenommen wurden.

Investitionen in Gebäuden zur Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten sollen künftig in Brandenburg beschleunigt werden. Ausschreibungs-Vorgaben für Investitionen sollen im August oder spätestens im September bis Ende 2024 reduziert werden, „so dass hier schneller agiert werden kann“, sagte Stübgen. Bislang verzögere die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung die Verfahren enorm. Erleichterte Ausschreibungen bei Bauinvestitionen in Unterkünfte, Schulen und Kitas seien auch eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände gewesen.

© dpa-infocom, dpa:230817-99-869019/5

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