IKRK-Chef:"Wenn unsere Reputation leidet, gefährdet das Menschenleben"

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Der Schweizer Diplomat Peter Maurer führt seit dem Juli 2012 das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Er hat zuvor die Schweiz bei der Uno vertreten und war Staatssekretär im Außenministerium. (Foto: Yahya Arhab/dpa)

Peter Maurer, der Präsident des Internationalen Roten Kreuzes, beklagt, das der Name seiner Organisation für zweifelhafte Firmen missbraucht wird.

Interview von Catherine Boss und Christian Brönnimann

Guter Name - fragwürdiger Zweck: Bevor die Enthüllungen der Panama Papers begannen, war Peter Maurer, dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), nicht klar, dass der Offshore-Dienstleister Mossack Fonseca den Namen seiner Organisation für undurchsichtige Stiftungen nutzt.

Herr Maurer, Mossack Fonseca setzt Ihre Organisation regelmäßig als Begünstigte von Stiftungen ein, um dadurch offenbar die wahren Besitzverhältnisse von Briefkastenfirmen zu kaschieren. Was sagen Sie dazu?

Ich bin erstaunt. Wir haben nie eine Beziehung gehabt zu dieser Firma und nie Geld erhalten. Wir wollen in keiner Weise an solch zweifelhaften Geschäften beteiligt sein, und wir wollen ebenso wenig, dass unser Name damit in Verbindung gebracht wird. Aber selbst wenn wir die effektiven Begünstigten solcher zweifelhafter Geschäfte wären, können wir unseren Namen nicht zur Verfügung stellen. Das würde unsere internen Regeln und die Genfer Konventionen verletzen.

Wie problematisch ist der Namensmissbrauch durch Mossack Fonseca?

Es steht viel auf dem Spiel. Es gibt kaum eine Marke, die international so schutzbedürftig ist wie die des IKRK. Wir können nicht zulassen, dass wir mit Aktivitäten in Verbindung gebracht werden, für die wir durch die Genfer Konventionen nicht mandatiert sind und welche unsere Operationen gefährden. Sonst gerät die Integrität des IKRK in Gefahr.

Worin genau liegt die Gefahr?

Der Name des IKRK braucht ganz besonderen Schutz, denn wir arbeiten in Kriegsgebieten mitten im Konflikt zwischen Kriegsparteien. Unsere Mitarbeiter sind dort einigermaßen sicher, weil unser Name und das Emblem respektiert werden, das für Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und absolute Integrität steht. Wenn die Reputation des IKRK leidet, gefährdet das Menschenleben. Heute mehr denn je, wir sind sehr exponiert.

Mossack Fonseca verwendet das Rote Kreuz als Begünstigte von mehreren Stiftungen, die Aktien halten von Hunderten von Firmen. Wo sehen Sie dabei das Risiko?

Wir haben keine Kontrolle darüber, was da passiert. Das ist ein enormes Risiko. Stellen Sie sich vor, wir würden in Verbindung gebracht mit einer Firma, die beispielsweise einer Kriegspartei zuzurechnen wäre. Nicht auszudenken, in was wir hineingezogen werden könnten.

Mossack Fonseca gibt zwar häufig die richtige Adresse des IKRK in Genf an, doch sie benutzen den Namen leicht falsch. Nur Internationales Rotes Kreuz - das Komitee fehlt. Ändert das etwas?

Der Name existiert zwar so nicht, aber mit der Angabe der richtigen Adresse ist davon auszugehen, dass das IKRK gemeint ist.

Was werden Sie tun?

Wir sind durch die Konventionen dazu angehalten, den Namen und das Logo des IKRK zu schützen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um solchen Missbrauch zu stoppen.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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